Ihr musstet aus verschiedenen Gründen viel zu lange darauf warten, aber nun kommt er endlich, mein Beitrag zu der Frage
„Wie schafft man es, ein ganzes Jahr keusch zu sein?“
Wer mir auf verschiedenen Kanälen folgt, hat auch bis zum 2. August (unserem Meilenstein Tag 365) mitbekommen, dass ich immer wieder Meilensteine der Keuschheit meines liebsten Langzeit-Keuschlings geteilt habe.
Erst ein Monat, drei Monate, 100, 200, 300 und am Ende 365 Tage in kompletter Keuschheit, ohne die Möglichkeit einen Orgasmus zu haben.
„Das würde ich nie schaffen!“ wurde kommentiert. „Ich würde verrückt werden!“, „Das ist doch gar nicht möglich!“
Doch, ist es. Nur nicht für jede Person. Nicht alle Menschen schaffen es tatsächlich, einen längeren Zeitraum in Keuschheit zu verbringen. Es gehört halt etwas mehr dazu als nur eine Phantasie.
Bevor ich nun darüber spreche, wie wir es zu Tag 365 geschafft haben, hole ich erst einmal etwas aus, denn mein Keuschling, nennen wir ihn L., hat das ja nicht einfach von heute auf morgen entschieden und dann einfach „durchgezogen“.
L. und ich kennen uns nun schon eine ganze Weile. Vor ein paar Jahren hatte er Kontakt zu mir aufgenommen, um meine Betreuung während einer kürzeren Phase der Keuschheit zu suchen. Wir haben uns darauf geeinigt, dass wir uns täglich zweimal via E-Mail austauschen. Jeden Tag, auch an Sonn- und Feiertagen. L. wollte keine oder nur selten Aufgaben erteilt bekommen, weil das einfach nicht in seinen Tagesablauf gepasst hätte.
(Tägliche Aufgaben sind zwar in meinem Angebot enthalten, aber es kommt immer wieder vor, dass sie einfach praktisch nicht umsetzbar sind, oder nicht gewünscht werden. Der Fokus liegt in solchen Fällen dann rein auf der Keuschheit und natürlich auch auf dem Austausch, der Unterstützung und letztendlich darauf, ein gestecktes Ziel zu erreichen.)
Schon die ersten Phasen seiner Keuschheit hat L. tapfer und scheinbar ohne große Mühe durchgehalten. Wir haben schon recht früh gemerkt, dass wir „klicken“ und sehr kompatibel sind. Mehrfach haben wir eine kürzere Phase der Keuschheit, zum Beispiel 100 Tage, zusammen erreicht, und dazwischen gab es Pausen. Das ist vollkommen verständlich und normal, denn kaum jemand schafft es sozusagen „aus dem Stand“ einfach mal eben ein komplettes Jahr am Stück keusch zu sein. Diese kürzeren Phasen der Keuschheit waren rückblickend das Training oder die Vorbereitung, und zwar auf den Marathon, den wir zusammen begonnen und dann auch beendet haben.
Aber wie hat er das denn nun geschafft?
Durchhaltevermögen, Fokus und Disziplin gehören auf jeden Fall dazu. Und diese hat L. schon sehr früh in großem Maße mitgebracht. Aber ein ganz wichtiger Bestandteil war auch das Vertrauen, welches L. mir entgegengebracht hat. Vertrauen darauf, dass ich ihn unterstütze, wenn er Zuspruch braucht. Darauf, dass ich stolz darauf bin, was er da nicht nur für sich, sondern auch für mich leistet. Und Vertrauen darauf, dass er auch von Dingen erzählen kann, die schwierig in seinem Leben sind. Die ihn belasten oder beschäftigen. Bei der Begleitung einer langfristigen Keuschheit geht es für mich nicht nur um einen kurzfristigen „Kick“, sondern darum, dass auch dann, wenn es gerade schwierig und anstrengend und doof ist, jemand da ist, der auffangen, trösten und zuhören kann. Ich glaube persönlich nicht, dass man ohne diese Voraussetzungen einen Keuschling zu 365 Tagen absoluter Keuschheit „bringen“ kann. Als Schlüsselherrin bin ich dafür da, meinen Keuschling zu begleiten, zu führen, ihn zu loben, wenn er eine besonders anstrengende Phase hinter sich gebracht hat, und, ja, hin und wieder auch, ohne Zwang oder Druck, sondern mit Verständnis und motivierender Unterstützung anzuspornen, wenn es den Anschein macht, dass die Puste ausgeht. Das wird immer wieder mal passieren, wenn man über viele Monate in Keuschheit lebt.
Ich bin überzeugt davon, dass wir überhaupt eine so lange gemeinsame Reise zusammen gegangen sind, liegt auch daran, dass wir uns über die Zeit immer besser kennengelernt haben. Es bleibt nicht aus, und ich halte es sogar für wichtig, dass man eine vertrauensvolle, geradezu intime Ebene erreicht, die man mit einem Menschen, den man nur für eine oder wenige Wochen begleitet, einfach gar nicht erreichen kann. Oder wie L. es in seiner abschließenden Mail von Tag 365 beschrieben hat:
„Beim Innehalten ist mir aufgefallen, dass unser Miteinander weit über eine klassische Dom-Sub-Dynamik hinausgeht. Ich schätze die persönliche Ebene zwischen uns sehr. Sie ist tief, ehrlich und erfüllt mich mit Dankbarkeit.“
„Wir haben gemeinsam eine kontinuierliche, achtsame Kommunikation aufgebaut. Sie ist getragen von Vertrauen, Tiefe und gegenseitigem Respekt.“
Dem stimme ich voll und ganz zu! In unserer gemeinsamen Zeit ging es nie ausschließlich darum, dass da ein Penis in einem Käfig verschlossen ist, und das so lange wie möglich bleiben soll. Es ging immer um den Menschen, seine persönlichen Gründe für die Keuschheit (die sich im übrigen auch mit der Zeit verändern können), und darum, nicht außer acht zu lassen, dass eine Langzeit-Keuschheit nicht einfach nur ein „kinky Spiel“ ist, sondern auch jeden Tag, 24/7 eine Auswirkung auf die keusche Person hat. Selbstverständlich hat auch die Keuschheit eine kinky Komponente, das will ich gar nicht kleinreden! Um L. noch einmal zu zitieren:
„Keuschhaltung ist viel mehr als körperliche Zurückhaltung. Es ist ein komplexer Lifestyle aus Macht, (Lust)Schmerz, Scham und tiefer, freiwilliger Unterwerfung.“
Hier ist auch der persönliche Erfahrungsbericht von L. nachzulesen:
„Bericht meiner langfristigen Keuschhaltung …“
Zusammengefasst kann man sagen:
Neben einem gut sitzenden Käfig gehören Motivation, der Wunsch und der Vorsatz, durchzuhalten und den Fokus nicht zu verlieren, zu einer funktionierenden Langzeit-Keuschheit. Nicht zuletzt aber eine persönliche Verbindung, gegenseitiges Vertrauen, Respekt und als Schlüsselherrin oder -herr auch die Bereitschaft, sich persönlich auf sein Gegenüber einzulassen.
Wer also einfach denkt „Den halte ich jetzt mal eben ein Jahr keusch.“, ohne diese persönliche Ebene aufbauen zu wollen, wird sich und seinen Keuschling höchstwahrscheinlich zum Scheitern verurteilen.
Abschließend noch ein kleiner Tip für alle „Neu-Keuschlinge“ und ihre Schlüsselherr*innen:
Lasst euch Zeit. Das ist kein Wettbewerb, den es zu gewinnen gilt. Beginnt mit kurzen Zeiträumen und setzt euch nicht unter Druck, wenn es erst einmal nicht so lange geht wie geplant oder gewünscht!
