Alkohol und Kurznachrichten

Liebe potentielle Kunden, ich habe hier mal einen ganz heißen Tip für Euch:

Alkohol und Euer Smartphone sind keine gute Kombination! Nee. Echt nicht.

Natürlich habe ich, wie jeder vernünftige Mensch, mein Smartphone auf „Nicht stören“ eingestellt, wenn ich schlafen gehe. Zu oft haben irgendwelche Zerebral-Asketen das unstillbare Verlangen, mitten in der Nacht anzurufen oder einen ungefragten Videoanruf zu starten. Nicht nur den Ton aus, auch keine Vibration, denn die würde mich unweigerlich auch aufwecken. Zumindest, wenn solche Aktionen am Start sind wie im Laufe dieses Textes beschrieben. Die seltsame Idee, dass wir alle 24/7 wach und verfügbar sind, ist ja auch so ein Thema für sich, über das ich vielleicht ebenfalls einmal schreiben werde. Es geht mir in diesem Text jedoch nicht darum.

Es geht mir um Menschen, die vermutlich in einer Mischung aus Geilheit und zu viel Alkohol, so einen richtigen Telefonterror an den Tag (oder vielmehr die Nacht) legen. Die absolut kein Gefühl dafür haben, dass die Person am anderen Ende der erhofften Verbindung auch mal Feierabend hat, auch Schlaf benötigt und nicht zwingend eine nachtaktive Lebensform ist.

Die Idee scheint ja irgendwie in vielen Köpfen hartnäckig und ohne Miete zu zahlen zu wohnen, dass Sexarbeitende ihre Tätigkeit ja nur im Dunkel der Nacht, wenn „anständige“ Menschen schlafen, ausüben. Und natürlich gibt es Kolleg*innen, die gerne Abends und Nachts arbeiten. Aber ein großer Teil möchte das haben, was auch andere Menschen wünschen:
Eine ruhige und entspannte Nacht. So richtig mit schlafen, träumen, aufs Kopfkissen sabbern und auf keinen Fall mit Unterbrechungen, damit man nicht am nächsten Morgen wie ein Zombie zur Kaffeemaschine schlurfen oder das eigene Spiegelbild fragen muss „Wer sind Sie und was tun Sie in meinem Bad?!“

Klar, wer kennt es nicht oder kennt zumindest jemanden, der die Tendenz hat, es zu tun: Man hat vielleicht ein bisschen zu viel getrunken und die sentimentale Anwandlung, mitten in der Nacht einen Ex anzuschreiben oder anzurufen und ihm wahlweise die große, ewige Liebe zu gestehen, oder ihm an den Latz zu knallen, wie doof er ist und schon immer war und überhaupt! Das passiert und das ist schon unangenehm genug am nächsten Morgen, wenn der Nebel sich langsam lichtet. Aber über solche SMS, Nachrichten oder Anrufe kann man ja im Nachhinein vielleicht ein bisschen peinlich berührt schmunzeln, und dann das Mäntelchen des Schweigens darüber ausbreiten.

Was aber manche potentiellen Kunden von uns Sexdienstleister*innen so abziehen, geht echt auf keine Kuhhaut! Selbst eine Mammuthaut wär’ nicht groß genug!

Kürzlich hatte ich wieder so ein besonders apartes Exemplar – hier der Verlauf:

Von 3:37 bis 3:42 Uhr: 9 WhatsApp

Der Inhalt der Nachrichten hätte problemlos in eine einzelne WhatsApp gepasst. Jeden Satz einzeln abzuschicken über mehrere Minuten, das ist doch echt nervig, auch am Tag, wenn ich wach bin.

Schreibt doch grundsätzlich, was ihr möchtet, in ein oder zwei Nachrichten und vor allem – denkt vor dem Lostippen darüber nach, was ihr überhaupt sagen oder fragen möchtet!

Zwischen 3:48 – 7:28 Uhr: 9 verpasste Sprach- oder Videoanrufe über WhatsApp

Wie kommt man eigentlich auf die Idee, ungefragt fremde Menschen via Videoanruf kontaktieren zu wollen? Das wird sich mir nie erschließen. Unabhängig davon, ob privat oder beruflich – man vereinbart doch dafür auch einen bestimmten Zeitpunkt, damit man Ruhe hat, damit keine anderen Menschen in der Nähe zuhören oder zusehen, die das nicht sollen usw.

Wenn so ein unbekannter Anrufer mich ohne Absprache mit einem Videoanruf beglückt, denkt er dann nicht darüber nach, dass nicht nur ich, sondern eventuell auch andere Menschen ihn dann sehen könnten? Dass ich mal eben einen Screenshot machen könnte? Kurz gesagt, dass seine Anonymität keineswegs gewährleistet ist und so eine Aufnahme irgendwann als Meme vom „Übergriffigen Wi**er, der nachts ungefragte Videocalls macht“ auch im Umkleideraum seines Fußballvereins geteilt werden könnte? No worries – ich tue das nicht, aber ich kann nicht garantieren, dass alle Menschen die Diskretion wahren, wenn sie so richtig genervt sind.

Ich nehme grundsätzlich keine Videoanrufe an, wenn ich das nicht explizit vorab vereinbart habe. Ganz sicher nicht mitten in der Nacht! Ich habe verschiedene Onlineangebote, bei denen wir gerne einen Videocall einbauen können, aber das dann abgesprochen und geplant.

Auch Sprachanrufe lehne ich um diese Uhrzeiten übrigens ab, duh!

Um 3:52 Uhr: 3 SMS mit dem tiefsinnigen, geradezu philosophischen Inhalt:

„Noch wach?“
„Masntte […]“ hier“
„WhatsApp?“

Ich denke, dazu muss ich eigentlich nichts sagen. Wenn ich via WhatsApp nicht auf Nachrichten reagiere, warum sollte ich auf SMS antworten?

Zwischen 3:55 – 7:28 Uhr 9 verpasste Anrufe

Weil es ja ganz klar ist, wenn ich die Anrufe via WhatsApp nicht angenommen habe, die Nachrichten nicht lese und generell nicht antworte, dass es total viel Sinn macht, es dann mit regulären Anrufen zu versuchen, oder?!

Diese Logik erschließt sich mir nicht. Aber vermutlich ist da auch keine Logik dahinter. Zumindest keine, die ein nüchterner Mensch nachvollziehen kann.

Und wie komme ich jetzt darauf, dass die Person möglicherweise blauer als Käpt’n Blaubär war?

Weil es nicht das erste Mal ist, dass sie diese Schoten abgezogen hat. Das erste Mal im Juni 2021. Da habe ich mir schon einmal sehr ausführlich Luft gemacht und dieses Verhalten mehr als nur ein bisschen gerügt. Damals kam zumindest eine halbherzige Entschuldigung und im Nachgang eine Anfrage, die dann im Sande verlief.

Das zweite Mal ein paar Monate später im September. Da habe ich schon gar nicht mehr groß reagiert, aber ganz offensichtlich vergessen die Nummer zu blockieren.

Und nun vor ein paar Nächten. Jedes Mal waren es Samstage, also die Tage, an denen viele Menschen, die in regulären Jobs arbeiten, frei haben und nach denen sie am nächsten Tag ausschlafen können. Oder anders gesagt – Tage, an denen übermäßiger Alkoholkonsum passieren kann, ohne am darauf folgenden Tag irgendeine Arbeitsleistung erbringen zu müssen.

Wenn ich die Nummer jetzt nicht blockiert hätte, erwarte ich in 3-4 Monaten die nächste nächtliche Telefonterror-Attacke ungefähr in der Mitte des Monats, an einem Wochenende. Viele solcher Kandidaten legen eine gewisse Regelmäßigkeit an den Tag, wie ich auch schon von Kolleg*innen erzählt bekommen habe.

Also nochmal zum mitschreiben – legt Euer Smartphone außer Reichweite, wenn ihr Euch nicht zusammenreißen könnt. Ich mache keinem Menschen einen Vorwurf, wenn er mal einen über den Durst trinkt. Auch nicht, dass man Bedürfnisse hat, die eventuell durch das Nichtvorhandensein von Partner*innen oder anderen Erfüllungsgehilf*innen gerade nur von Sexarbeitenden gestillt werden können. Hey, das ist unsere Profession!

Aber bedenkt dabei bitte:
Auch wir Sexarbeiter*innen schlafen ganz gerne Mal nachts und haben auch mal frei. Ja, ich weiß. Schockschwerenot!

Wenn es am nächsten Morgen noch so „dringend“ ist, könnt ihr ja gerne eine wohlformulierte Anfrage schreiben. Also, falls der zu erwartende Kater es erlaubt. Falls nicht, tun es eine große Menge Wasser, eine Aspirin und ein paar Mineralstoffe eventuell auch. 😉

Nicht alles ist käuflich

Die meisten Kolleg*innen kennen es – man bekommt eine Anfrage, erst einmal noch ganz höflich formuliert. Ungünstigerweise ist es eine Praktik oder ein Setting, das man selbst nicht anbietet (damit meine ich ausdrücklich nicht AO – wer das anfragt, wird sofort ignoriert, nachdem er meine deutliche Meinung dazu gehört hat!). Man sagt also „Nein Danke, das biete ich nicht an. Ich könnte Dir aber dieses oder jenes anbieten.“

So weit, so gut. Man hat es ja mit erwachsenen Menschen zu tun, und erwartet, dass ein Nein, also die eigenen gesetzten Grenzen, respektiert werden, oder?

Tja, weit gefehlt! In über 50% solcher Fälle, versuchen die Anfragenden dann, mich zu überreden.

„Aber warum denn nicht? Du könntest das doch bestimmt super!“
„Kannst Du nicht einmal für mich eine Ausnahme machen?!“
„Ich will das aber mit Dir, Du bist doch Domina, das kannst Du doch machen!“
„Ich bezahle auch das Doppelte, sei doch nicht so!“

Manchmal werden sie so hartnäckig, dass ich sie blockieren muss, nur um festzustellen, dass auf anderen Kanälen weiter gedrängelt wird. Selbst auf meinen Social-Media-Kanälen wird dann gebettelt und genörgelt, wie unfair das doch sei.

Wenn auch das nichts bringt, wird man beleidigt.

Lasst es mich mal ganz deutlich formulieren:

Wer ein Nein bei einer Anfrage nicht akzeptiert, wird keinen Termin mit mir bekommen. Auch nicht für ein anderes Setting und mit Praktiken, die ich anbiete!

In der Sexarbeit ist gegenseitiges Einverständnis Voraussetzung. Das Mindestmaß an Vertrauen darauf, dass nichts passiert, was einer von den Beteiligten nicht will. Ich ziehe ja als Domina auch nicht einfach mein Ding durch, ohne Rücksicht auf die Vorlieben und Tabus meiner Gäste. Wenn also jemand nicht akzeptiert, dass auch ich Grenzen habe, dann wird diese Person keinen Fuß in meine Nähe setzen. Die persönlichen Grenzen und NoGos anderer Menschen sind zu respektieren, ohne Wenn und Aber. Vielleicht findet sich ja eine andere Kolleg*in, deren Ding genau das gewünschte Szenario ist.

Der Versuch, mit mehr Geld etwas zu bekommen, was jemand anderes nicht machen möchte, ist absolut daneben und bringt niemanden weiter. Man kann unsere Dienstleistungen kaufen, aber nicht uns.

Und mal ernsthaft – wollt ihr wirklich ein Szenario, von dem ihr ganz genau wisst, dass das Gegenüber absolut keinen Spaß daran oder sogar eine explizite Abneigung dagegen hat? Etwas, was eine Person vielleicht nur deswegen tut, weil sie gerade dringend Geld verdienen muss? Dann würde ich die eigene Motivation aber mal ganz dringend hinterfragen! Wir sind keine Gegenstände, keine Wegwerfartikel zur einmaligen Benutzung.

Die Kondompflicht in der Sexarbeit

Diesen Text habe ich ursprünglich als einen etwas längeren Thread für Twitter mit meiner persönlichen Meinung zum Thema Kondompflicht geschrieben.

Ich habe tagelang überlegt, ob ich dieses Thema anpacken soll. Aber mittlerweile scheint kein Weg mehr daran vorbei zu führen. Also, worum geht es?

Um diesen Paragraphen im sogenannten „Prostituiertenschutzgesetz“: § 32 Kondompflicht

Sexarbeitsgegner*innen befürworten diesen Paragraphen sehr. In ihren Augen trägt er zum Schutz der Sexarbeitenden bei. Auch manche Sexarbeiter*innen finden ihn gut. Warum also sind viele Sexarbeitenden-Vereinigungen, und zum Beispiel die Deutsche Aidshilfe seit Jahren gegen eine Kondompflicht? Gerade die Aidshilfe wird deswegen ja unglaublich oft heftig angefeindet und als „unterwandert von der Sexworker-Lobby“ bezeichnet.

Nun, an sich ist es auf den ersten Blick gut und vermeintlich hilfreich, hartnäckigen Kunden sagen zu können, dass AO („Alles Ohne“, also jegliche Form von Verkehr ohne Schutz) gesetzlich verboten ist. Allerdings bietet das Gesetz keinerlei wirklichen Schutz, schon gar nicht für Sexarbeitende. Wer hartnäckig nach AO fragt, dem ist es schlichtweg egal, ob es erlaubt oder verboten ist. Das zeigt die nach wie vor hohe Nachfrage nach Sex ohne Schutz und wenn eine Kollegin nein sagt, wird halt versucht, die nächste zu überreden oder gar zu zwingen.

Gerade jetzt in der Pandemie wurde offensichtlich, dass die am prekärsten arbeitenden Kolleg*innen immer öfter zu Praktiken ohne Schutz gedrängt werden, und – Gesetz hin oder her – oft bleibt ihnen nichts anderes übrig, wenn sie überleben wollen. Daran ändert ein Gesetz nichts. Klar, wenn zum Beispiel ein*e Bordellbetreiber*in die anmietenden Sexarbeitenden dazu drängen wollen würde, AO zu arbeiten, dann hätten die Kolleg*innen theoretisch die Möglichkeit, sich qua Gesetz dagegen zu wehren. Aber wer würde das wirklich tun? Es ist schon eher unwahrscheinlich, dass sich Sexarbeiter*innen, die in solchen Etablissements arbeiten, zur Polizei bewegen oder sich gar anwaltliche Unterstützung holen können. Und die Sexarbeitenden, die sich das (tatsächlich und im übertragenen Sinne) leisten können, arbeiten ohnehin mit Kondom und können es sich auch leisten, Anfragen dieser Art einfach zu ignorieren. Hier gibt es also keinen tatsächlichen, in der Praxis irgendwie spürbaren, sondern lediglich einen symbolischen „Wert“ dieses Gesetzes. Und, wenn mir diese Anmerkung erlaubt ist, die Gegner*innen stehen ja bekanntlich auf Symbolpolitik.

Lasst es mich mal deutlich machen: Der überwiegende Teil der Sexarbeitenden, auch auf Straßenstrich und Co, nutzt von sich aus Kondome. Warum? Weil der eigene Körper und die Gesundheit unser Kapital ist. Werden wir krank, vielleicht sogar mit etwas ansteckendem, dann können wir nicht arbeiten, kein Geld verdienen. Auch Schwangerschaften sind nicht unbedingt geschäftsfördernd. Sexarbeitende wissen in der Regel ziemlich gut Bescheid, wie man ansteckende Krankheiten vermeiden kann. Diejenigen, die es nicht wissen oder die keine andere Wahl haben, als alles zu machen um auch nur ein bisschen Geld anzuschaffen, haben erst einmal andere Probleme und da muss angesetzt und geholfen werden. Diesen Kolleg*innen hilft dieser Paragraph absolut gar nichts. Oder glaubt ihr, eine Prostituierte auf dem Straßenstrich, die Geld für den nächsten Druck, für etwas zu essen, oder gar für ihren Arschloch-Loverboy anschaffen muss, sagt „Nee Du, sorry. Hier nur geltendes Recht, nur mit Kondom!“ wenn sie wirklich, wirklich dringend Geld braucht?

Dieser Paragraph ist ein Alibi-Paragraph. Er nützt denen nicht, die ohnehin nur Safer Sex betreiben und denen, die keine andere Wahl haben, eben auch nicht. Er sieht nur gut aus, zumindest auf den ersten Blick. Ein „Schaut, wir tun was!“, ohne tatsächlich etwas zu tun. Wem er aber nützt, ist den Ordnungsbehörden. Wieso? Na ganz einfach: Sie dürfen es kontrollieren.

Ihr fragt Euch jetzt sicher Hä? Wie will man das kontrollieren?! Da müsste man ja…“

Ja. Genau. Es ist grundsätzlich möglich und tatsächlich schon passiert, dass die zuständige Ordnungsbehörde in einer Region buchstäblich Sexarbeitende vom Kunden herunter „gebeten“ hat, um nachzusehen. Nein. Das ist kein Scherz! Und genau deswegen sind viele Sexarbeitende, Beratungsstellen und Sexworker-Organisationen gegen die Kondompflicht. Sie erlaubt nämlich massive Eingriffe in die sexuelle Selbstbestimmung sowohl von Sexarbeiter*innen als auch von Kund*innen.

Wo man sonst keine Handhabe hat, irgendwas zu kontrollieren (Hotel/Wohnung ist ok, es ist kein Sperrgebiet, ein Ausweis und die Anmeldung als Sexarbeitende*r ist vorhanden, alles im grünen Bereich), da kann man theoretisch immer sagen „Ja wir mussten doch die Einhaltung der Kondompflicht überprüfen!“

Passiert das oft? Ich glaube nicht. Ist es schon passiert? Ja! Kann es jederzeit passieren? Ja! Und das geht einfach nicht!

Die Kondompflicht trägt nicht zur sexuellen Gesundheit von Sexarbeitenden bei!

Auch nicht zu der von Kund*innen, aber um diese geht es mir tatsächlich gerade nicht. Aufklärung, Beratung und Unterstützung bei Gesundheitsfragen sowie anonymer und niedrigschwelliger Zugang zu medizinischer Versorgung tut es! Deswegen setzt auch die Deutsche Aidshilfe zurecht auf genau diese Punkte, und applaudiert nicht einem völlig nutzlosen Paragraphen in einem total fragwürdigen Gesetz! HIV wurde auch nicht durch eine allgemeine Kondompflicht eingedämmt, sondern durch unermüdliche Aufklärung! Durch Beratung und Prävention. Stellt Euch mal vor, was das für ein Aufschrei in der Bevölkerung gewesen wäre, wenn der Staat so in die Bettbeziehungen der Bürger*innen hätte eingreifen wollen! Und wie hätte er das auch kontrollieren können? Lachhafte Vorstellung, oder? Aber warum denken dann so viele Menschen, die Kondompflicht in der Sexarbeit sei etwas Sinnvolles, Gutes? Warum ist es bei uns Sexarbeitenden ok, mit Zwängen umschrieben als „Pflichten“ zu hantieren, und uns damit auch unseren gesunden Menschenverstand und den Wunsch nach Selbstschutz abzusprechen?

Dieses Thema ist ein ziemlich heißes Eisen. Wer sich gegen eine Kondompflicht ausspricht, muss immer gut begründen warum er, sie oder they das tut, ansonsten wird ein Shitstorm sondergleichen aufziehen. Es ist die Stelle, an der Sexwork-Gegner*innen gerne den Hebel ansetzen und mit Schlamm werfen.

Und es ist ja vordergründig auch ein guter Hebel. Viele Menschen sind ja der Meinung, dass die Kondompflicht Sexarbeitende schützt, und ich selbst kann auch niemanden dafür verurteilen, dass er, sie oder they sichere Arbeitsbedingungen für Sexarbeiter*innen befürwortet! Es bringt auch nichts und ist meiner Meinung nach völlig am Ziel vorbei, zu sagen, dass der Paragraph „aus Prüderie“ oder von „verklemmten Sesselpupsern“ erdacht wurde. Das glaube ich nicht mal. Es kann sogar sein, dass manche Menschen, die auf die Einführung der Kondompflicht gedrängt haben, sich wirklich dachten, dass sie da was verbessern. Schlussendlich ist es aber einfach eine Möglichkeit zur Kontrolle, zu Eingriffen in Persönlichkeitsrechte und ja, auch in das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung.

Zu Weihnachten haben wir vom Sexworker Stammtisch in Köln über 200 Goodie Bags als Geschenke für Kolleg*innen auf der Straße gepackt und verteilt/verschickt. In jedem einzelnen Geschenk waren auch etliche Kondome. Ratet mal, warum Sexarbeitende größere Mengen Kondome in Goodie Bags für andere Sexarbeitende packen? Genau. Weil wir sie benutzen, da sie uns schützen, nicht, weil der Staat uns das aufzwingt.

Nochmal zum Schluss:

Prävention, Aufklärung, niedrigschwellige Hilfe schützt Sexarbeitende!
Nicht Repression oder ein nutzloser, aber nett aussehender Paragraph!

Marketing-Seminar für Sexarbeitende

Bitte was? Marketing Seminar? Für Sexarbeiter*innen? Ja, ihr habt richtig gelesen. Es gibt alle möglichen Seminare und Kurse für Sexarbeitende, natürlich auch welche, die sich mit Marketing befassen. Wir üben einen Beruf aus, es ist also mehr als naheliegend, dass wir uns wie in anderen Branchen auch fort- und weiterbilden möchten.

Genau zu so einem Seminar bin ich letzte Woche nach Berlin gefahren.

Der großartige Dominus Berlin hatte zum Seminar eingeladen, um Sexarbeitende an seiner reichhaltigen Expertise, sowohl in der Sexarbeit als auch im Marketingbereich, teilhaben zu lassen. Im Rahmen dieses Tages haben wir uns mit Themen wie Absatzsteigerung, klassischem und Fleißmarketing, Vertrieb usw. auseinander gesetzt. Klingt trocken? Naja, so trocken wie ein Seminar sein kann, an dem Sexarbeitende aus unterschiedlichen Branchenzweigen und aus ganz Deutschland teilnehmen halt so ist – gar nicht.

Aber beginnen wir von vorne. Donnerstagabend sind meine Begleitung und ich in Berlin gelandet. Ich muss gestehen, ich konnte mich nicht richtig erinnern, wann ich das letzte Mal diese nervenaufreibende Stadt besucht habe. Muss wohl so zu Beginn der 2000er Jahre gewesen sein. Ich sage es wie es ist – ich bin ein Landei. Ich schätze die Ruhe, vergleichsweise wenig Verkehr, die Natur und die Weite. Berlin ist das genaue Gegenteil davon, zumindest wenn man sich mitten in der Stadt befindet. Well, Challenge accepted. Immerhin bin ich aufgrund eines Seminars nach Berlin gefahren, und wenn es etwas gibt, was ich noch mehr schätze als mein Landleben, dann ist es neue Dinge zu lernen. Also Augen zu und durch!

Die erste Interaktion war dann auch amüsanter Weise mit einer Kollegin, die auf der Straße arbeitet. Das Hotel lag zufällig an einem Straßenstrich und die Dame hat mich auf dem Parkplatz angesprochen. Versehentlich, denn sie hat mich erst von hinten gesehen. Mit Glatze, Mantel und Plateaustiefeln die mich 10 Zentimeter größer erscheinen lassen, hatte sie mich im Dunkeln für ihre Zielgruppe gehalten. Als ich mich umgedreht habe, hat sie ihr Versehen bemerkt und sich entschuldigt, was ich mit „Aber kein Problem, ich arbeite etwas ganz ähnliches“ beantwortet habe. Nach ihrem überraschten „Ach, Sie machen diese Arbeit auch?“ haben wir ein bisschen geschnackt, was ich einen sehr gelungenen Einstieg in das verlängerte Wochenende in Berlin fand.

Um noch etwas Positives über diese Stadt zu sagen, ich war auch sehr glücklich, dass das Angebot an veganen Speisen so vielfältig ist. Als Vegetarierin, die einfach keine Milchprodukte verträgt, bin ich mit veganen Gerichten oder gar Restaurants einfach auf der sicheren Seite. Aber ich schweife mal wieder ab. Also eingecheckt, veganen Döner erbeutet, den Abend ausklingen lassen und am Freitagmorgen, nach dem Schnelltest, ging es dann los Richtung Seminar.

Auch hier wieder – danke Hauptstadt der Hipster! Ein Latte mit Hafermilch ist an jeder Ecke zu bekommen. Thank god! Ständig schwarzer Kaffee schlägt mir irgendwann doch auf den Magen. Man wird ja nich jünger, nech?

Wir entschlossen uns zu Fuß den knappen Kilometer zur Location zu spazieren und uns in Ruhe die Umgebung etwas anzusehen. Vor dem Gebäude angekommen, musste ich schmunzeln. Ich hatte mit einer ansprechenden Behausung gerechnet, aber gleich so was? Bereits beim Betreten des Hauses schwante mir, was für Räumlichkeiten da auf uns zukommen. Altbau, top renoviert, makellos gepflegt – die Wohnung schreit, was der Dominus ausstrahlt – ich bin teuer, und das zurecht. Dabei aber immer auf dem Boden geblieben. Nicht exaltiert, nicht geschmacklos. Absolute Bonuspunkte für die flauschige Mitbewohnerin! (Ja nun, ich bin Katzenmensch. Da ist eine Katze? Sie hat meine volle Aufmerksamkeit!)

Wir wurden sehr herzlich empfangen und nach und nach fanden sich auch die weiteren Teilnehmer*innen des Seminars ein. Eine bunte Mischung aus Sexarbeitenden unterschiedlichen Geschlechts, mit durchaus verschiedenen Arbeitsrealitäten. Super! Ich hatte ein bisschen Sorge, dass sich vielleicht nur Dominas gegenseitig Schwänke aus ihrem Alltag erzählen werden, dem war allerdings nicht so. Zusätzlich schön war auch, dass wir nicht die Einzigen waren, die extra für diese Veranstaltung nach Berlin gefahren sind. Manche Kolleg*innen haben noch weitaus weitere Wege auf sich genommen als wir von Hamburg aus.

Nach einer kurzen Vorstellungsrunde ging es dann ans Eingemachte. Über mehrere Stunden und mit einigen kleinen Pausen für Austausch, haben wir über die drei goldenen Regeln des Dominus, Sexarbeit und Vertrieb, das Erstgespräch, das Pricing, die „Produktentwicklung“, Werbung, Bestandskunden usw. gesprochen. Fragen wurden ausführlich, aber nicht unnötig in die Länge gezogen, beantwortet. Immer sehr freundlich, man hatte insgesamt weniger das Gefühl einem Vortrag beizuwohnen, sondern viel mehr direkt mit einbezogen zu werden.

Vieles davon was wir da behandelt haben, war mir bereits aus meinen vorherigen beruflichen Tätigkeiten vertraut – wem das noch nicht bekannt ist, ich bin nicht nur gelernte Kauffrau, sondern habe jahrelang im Vertrieb gearbeitet und beispielsweise Werbeplätze für Businesskunden verkauft. Marketing und Vertrieb funktioniert im Grunde immer gleich, ich war aber sehr erfreut, dass ich ein paar verstaubte und fast vergessene Tools wieder ins Gedächtnis gerufen bekommen habe.

Sehr schön fand ich auch, dass die Zeit für persönliche Anmerkungen und Erzählungen was konkret für andere Kolleg*innen funktioniert oder nicht funktioniert, gegeben war – ohne, dass es den Ablauf gestört oder ausgebremst hätte. Sehr stringent, aber nicht mit der Brechstange, konnte der Dominus immer wieder zurück zum Thema lenken, es gab keine Holprigkeiten oder unangenehmen Pausen. Das ist für mich persönlich sehr wichtig, denn ich werde recht schnell unkonzentriert oder gereizt, wenn Vortragende sich das Zepter zugunsten unnötiger Verzettelungen aus der Hand nehmen lassen. Hätte mich allerdings auch gewundert, wenn er das nicht mit der üblichen Souveränität gehandhabt hätte.

Ich habe für mich in erster Linie ein paar Reminder und Anregungen mitgenommen, einen Tipp aber direkt am Sonntag einmal angewendet, der dann auch sofort die Woche darauf zu einem Termin geführt hat. Ich sage es mal so – 95€ Seminargebühr ausgegeben, 260€ eingenommen – das Ding hat sich gelohnt! Zumal ein wichtiger Punkt ja auch ist, dass der Dominus sich nicht an diesen Seminaren bereichert. Der überwiegende Teil der Einnahmen geht als Spende an den BesD e.V. Man investiert also nicht nur in das persönliche Geschäft, sondern unterstützt damit auch noch die Arbeit eines wichtigen Berufsverbandes. Win-Win würde ich sagen.

Insgesamt war das ein wirklich schöner Tag, und abgesehen davon, dass wir vermutlich alle etwas Gewinnbringendes (ha!) mit nach Hause und in unseren Arbeitsalltag nehmen konnten, war es auch einfach sehr schön mal wieder mit Kolleg*innen ins Gespräch zu kommen. Vor allem, wenn man sich ggfs. schon seit längerem gegenseitig zum Beispiel auf Twitter&Co folgt, und nun auch endlich mal einen persönlichen Eindruck von den Menschen hinter den Accounts bekommen hat. I regret nothing! Das war toll. Nuff said.

Falls Kolleg*innen nun auch mehr über des Dominus drei goldene Regeln erfahren oder das eigene Marketing-Game verbessern möchten – nichts leichter als das! Der Dominus bietet sowohl Einzelcoachings an, als auch ein weiteres Marketingseminar am 22. Juli 2022. Weitere Informationen findet ihr unter: https://www.dominus.berlin/profi_marketing/

Check it out – es lohnt sich!

Erfahrungsbericht „S.“

Moin zusammen, […]. Auch ich durfte Madame Simone bereits kennen lernen.

Auf Anhieb hat die Chemie gestimmt. Sicherlich auch deshalb ,weil sie unter anderen äußerst emphatisch ist. Und ihre Ehrlichkeit unterstreicht noch das authentische auftreten, trotz der geringen Körpergröße, womit sie sicherlich auch manchmal hadert. Aber das hat auch Vorteile. Kenner wissen was ich meine.

Sie ist eine kluge Schweizerin (ich habe aber keinen Dialekt fest gestellt) mit einer hohen sozialen Kompetenz. Ich erlebte sie fair, konsequent und mit Humor. Man merkt deutlich das sie ihre Leidenschaften auch auf privater Ebene, genau so wie ich, auslebt. Zumindest bei mir sind das mehrere Jahrzehnte.

Fachlich ist Madame Simone sehr kompetent. Da geht von zart bis hart so ziemlich alles was die Leidenschaft begehrt. Und sie weiß genau was sie tut. Insgesamt eine absolute Bereicherung für Hamburg. Trotzdem gibt es keine Empfehlung von mir, sonst bekomme ich möglicherweise keine Termine mehr 😉 .

Erfahrungsbericht „Sklave Frank“

Vor einigen Wochen durfte ich eine phantastische Session mit Madame Simone genießen.

Ein Kommentar von ihr zum Beitrag in diesem Forum „..zu eng zum fi*ten..“ machte mich neugierig darauf sie kennenzulernen.

Die Kontaktaufnahme per Email und danach per Telefon lief prompt und unkompliziert.

Als ich zum Termin in ein Hamburger Mietstudio kam hatten wir uns bereits ausgiebig beschnuppert und waren über die Art der geplanten Session einig geworden. Ohne weiteres Vorgespräch ging es dann gleich in eine sehr intime und spannende Session.

Mein Eindruck am Telefon, dass es sich bei Madame Simone um eine außergewöhnlich empathische und versierte Domina handelt bestätigte sich während der Session zu 100 %.

Gekonnt wanderte sie auf dem schmalen Grad zwischen authentischer Domina und Erfüllerin meiner Wünsche dahin. Mag sein, dass das an einem hohen Übereinstimmungsgrad unserer Vorstellungen von SM lag.

In jedem Fall aber auch an ihrer Erfahrung die sie auch aus der privaten SM-Szene mitbringt. Bei ihr konnte deutlich spüren, dass sie ihr “Hobby” zum Beruf gemacht hat.

Wiederholungsfaktor 100 %

Mein Freund will zur Domina – was tun?

Vor ein paar Tagen bin ich in einem nicht völlig unbekannten deutschen Forum über einen Post einer jungen Frau gestolpert. In diesem schreibt sie, dass sie zusammen mit ihrem Freund schon ein bisschen im BDSM-Bereich experimentiert habe, das aber einfach nicht ihre Baustelle sei. Nun sei der besagte Freund aber offensichtlich kinky und habe Bedürfnisse, die sie leider nicht mit ihm zusammen ausleben könne und wolle.

Der Freund der jungen Frau habe offensichtlich nachgefragt, ob es für sie eine Option wäre, wenn er zu einer Domina ginge, um seine Neigungen ausleben zu können. Sie sei zwar der Idee gegenüber offen, mache sich aber Gedanken, ob sie ihren Partner nicht auf Dauer verlieren werde, weil sie seine Bedürfnisse nicht erfüllen könne, obwohl sie ihn ja sehr liebe.

Ok, where to begin? Erst einmal scheint das ja nicht die beste Ausgangslage für eine langfristige Beziehung, könnte man zumindest meinen. Ich persönlich sehe das aber anders. Es ist schon ein sehr gutes Zeichen, dass diese jungen Menschen so offen über Bedürfnisse sprechen können. Ganz besonders positiv erscheint mir der Umstand, dass die junge Frau auch Grenzen ziehen kann und deutlich sagt „Damit kann ich nichts anfangen, das will ich auch nicht ihm zuliebe tun“. Chapeau! Deutlich ältere Menschen sind manchmal noch nicht in der Lage, nicht in die „Augen zu und durch, weil ich meine*n Partner*in liebe“-Falle zu tappen.

Ebenfalls positiv bewerte ich die Tatsache, dass der junge Mann offen die Möglichkeit ins Gespräch bringt, zu einer Domina zu gehen. Er will also ganz bewusst nichts hinter dem Rücken seiner Partnerin machen, und bezieht sie aktiv in die Überlegungen mit ein. Super Ansatz für eine Problemlösung!

Hier meine Antwort auf diesen öffentlichen Post:

Liebe TE, ich bin zwar hier privat angemeldet, übe aber den Beruf der Domina aus. Euer „Problem“ ist gar nicht so selten. Es ist schon einmal ganz großartig, dass ihr überhaupt so offen Eure Bedürfnisse und Grenzen kommuniziert und auch über die Einbeziehung einer Domina sprechen könnt!

Zwei mögliche Szenarien zur Lösung des Problems haben sich in meiner „Laufbahn“ schon als sinnvoll erwiesen, die ich hier einfach mal zum Nachdenken lasse:

  • Variante 1: Ihr sucht Euch gemeinsam eine passende Domina und geht auch (zumindest zu einem ersten Termin, so es denn weitere geben soll) zusammen ins Studio. So bist Du von Anfang an in den Prozess eingebunden, und es wird nichts an Dir vorbei gemacht. Eine erfahrene Domina wird Euch zuhören und mit Euch eine Strategie entwickeln. Tabus können besprochen werden, ebenso Erwartungen. Entweder ihr erlebt dann eine gemeinsame (Einsteiger-)Session, bei der Dir die Domina ein paar Sachen zeigt, Du schaust zu, findest heraus, ob Dir vielleicht doch etwas Spaß macht, kannst Fragen stellen. Wenn Du das von vorneherein doof findest, dann lässt Du vielleicht Deinen Freund nach dem Vorgespräch da und holst ihn später wieder ab. So lernst Du die Domina kennen, und Du weißt, mit wem Dein Partner es zu tun hat. Das nimmt schon viele der Ängste im Kopf. In der Phantasie baut man sich ja gerne ein Riesengerüst an Verlustängsten, falschen Vorstellungen, völliger Überhöhung der noch unbekannten Person etc. auf, die sich massiv relativieren, wenn man es dann mit der Person (in diesem Fall der Domina) direkt zu tun hat. Wir sind auch nur Menschen und kochen ebenfalls nur mit Wasser. Wir haben vielleicht nur noch ein paar spezielle Methoden, wie wir das Wasser schlussendlich zum Kochen bringen.
  • Variante 2 wäre, dass sich Dein Freund selber um eine passende Domina bemüht, Dir davon erzählt, Du aber nur davon weißt, mit wem er es ggf. zu tun bekommt, vielleicht auch, warum die Wahl auf die entsprechende Person gefallen ist, Du aber nicht direkt eingebunden bist. Diese Variante eignet sich ganz gut, wenn Dich die Neigungen Deines Partners eher abschrecken und Du eigentlich gar nicht so viele Details kennen willst.

Eine Abwandlung oder vielmehr ein Zusatz zu beiden Varianten wäre die Möglichkeit die Domina nach Absprache als Deinen „verlängerten Arm“ einzubeziehen. Auch wenn Du nicht selber Hand anlegen oder garstige Dinge mit Deinem Partner machen möchtest, magst Du vielleicht doch irgendwie Teil davon und nicht ausgeschlossen sein.

Zum Beispiel notierst Du Dir vielleicht Dinge, die Dich im Alltag etwas geärgert haben, oder die Dein Freund in Bezug auf seine Neigungen vielleicht nebenher mal geäußert hat. Die schreibst Du dann auf und Dein Freund nimmt die Notizen in einem verschlossenen Umschlag mit, so dass er nicht weiß, was darin steht, was seine Freundin mir der Domina Eurer Wahl so austauscht und was eventuell auf ihn zukommt.

Natürlich solltet ihr vorher miteinander absprechen, ob das überhaupt zu seinen Kinks passt, falls das eine Option für Dich wäre. Nicht jeder Mensch, der auf SM steht, steht auch auf den D/s Aspekt und vice versa.

Long story short: Du kannst mit einbezogen werden, auch wenn Du nicht direkt involviert bist bei der Ausübung diverser Praktiken. Das ist alles eine Frage der Kommunikation zwischen Euch und der passenden Domina.

Zum Thema Verlustangst vielleicht noch dieses:

Es gibt im Studiobereich sogenannte berührbare Dominas, unberührbare Dominas und Bizarrladies. Manche davon bieten zusätzliche erotische Dienstleistungen an, andere kommen nicht mal in die Nähe des Geschlechtsteils Deines Freundes (mal abgesehen vielleicht von Ballbusting usw. wenn das sein Kink ist). Ich empfehle nachdrücklich, vorab darüber zu sprechen, was bei einer Session geht und was nicht. Wenn Du schon jetzt die Sorge hast ihn zu verlieren, dann macht Dir der Gedanke, dass die entsprechende Dienstleisterin auch Sex anbietet vermutlich noch mehr Stress.

Eine Vereinbarung diesbezüglich solltet ihr vor einer Session aushandeln. Zum Beispiel: „Alles im BDSM-Bereich ist ok, aber Orgasmen nur Zuhause“, das ist gar keine sonderlich seltene Vereinbarung. Was für Euch passt, könnt nur ihr beide zusammen herausfinden.

Ganz zum Schluss: Es ist unser Beruf. Die nötige professionelle Distanz zu wahren, gehört dazu, wir verdienen damit unseren Lebensunterhalt und eine Session ist nicht billig (wir sprechen von ca. 200€-300€ die Stunde, je nach Region und Bekanntheitsgrad der Sexdienstleisterin). Und egal, wie gut man sich mit einem Gast versteht, wie „intim“ solche Sessions werden können, wir bauen in der Regel über eine höflich-freundschaftliche Beziehung zu Stammgästen keine weiteren Beziehungen auf.

Mein persönliches Motto ist: Gäste werden nicht zu Freunden, Freunde werden nicht zu Gästen und so halten es nicht wenige Kolleg*innen.

Ich wünsche Euch, dass ihr die für Eure Partnerschaft passende Lösung findet. Und denkt daran – Beziehung bedeutet auch immer, ein bisschen Kompromisse einzugehen. Das gilt natürlich für alle Beteiligten.

Herzlichste Grüße
Madame Simone

Die 5-W-Regel zur Kontaktaufnahme

This text also available in English: “The 5-W-pattern for contacting me”

Es ist soweit. Trotz Pandemie und mit den gebotenen Vorsichts- und Hygienemaßnahmen sind die Studios wieder geöffnet! Yay! Endlich kannst Du einen Termin mit der Domina oder dem Dominus Deiner Wahl vereinbaren!

„Äh, was denn, wie denn, Termin? Kann ich da nicht einfach so vorbeigehen?“

Nun, bei mir zumindest nicht. Es gibt sicher Studios, bei denen spontane Sessions möglich sind, bei mir ist das nicht der Fall. Um also erfolgreich einen Termin mit mir zu vereinbaren, habe ich eine kleine Anleitung für Euch. Zur telefonischen ersten Kontaktaufnahme, habe ich hier schon mal etwas geschrieben. Wir beginnen mit der 5-W Regel. Ein bisschen wie beim Notruf, nur sexier.

Wer bist Du?

Nein, ich möchte nicht Deine Lebensgeschichte hören und auch Deinen Realnamen musst Du mir bei der ersten Kontaktaufnahme nicht nennen, aber ich möchte Dich auch nicht mit „Hey, Du da!“ ansprechen. Es ist absolut nicht nötig mir „Hallo, ich bin Hans-Peter, 45 Jahre alt, 187 cm groß, 90 kg schwer mit blauen Augen und braunen Haaren“ usw. zu schreiben. Diese Äußerlichkeiten sind für mich nicht relevant. Einen Roman zu Deinen bisherigen Erfahrungen möchte ich auch nicht lesen.

Beispiel: „Guten Tag, Madame Simone. Ich bin der/die sowieso.“

Worum geht es?

Geht es direkt um einen Termin, oder möchtest Du nachfragen, ob ich etwas bestimmtes anbiete? Dann schreib das direkt. Mit „Bieten Sie auch Paar-Erziehung, Ponyplay oder Feminisierung an?“ kann ich besser arbeiten, als wenn ich Dir alles aus der Nase ziehen muss, weil Du nicht zum Grund Deiner Kontaktaufnahme kommst. Auch hier wieder – keine Romane. Du musst mir nicht Deine Phantasien in langen Texten schreiben, und ich werde darauf auch nicht näher eingehen. Vorstellungen besprechen wir gerne, wenn wir einen Termin vereinbart haben. (Oder konkreter: es gibt keine kostenfreien Wi**vorlagen bei mir!)

Beispiel: „Guten Tag, Madame Simone. Ich bin der/die sowieso und würde gerne mit Ihnen einen Termin für eine Kliniksession vereinbaren.“

Wann soll es stattfinden?

Sage mir konkret, wann es für Dich passt. Ich habe auf meiner Homepage die Tage aufgelistet, an denen ich grundsätzlich Termine wahrnehme. Daran kannst Du Dich orientieren und mir dann noch passende Uhrzeiten sagen. Ich sehe dann nach, ob ich in den gewünschten Zeiträumen noch freie Termine habe. „Ich habe nächste Woche Urlaub und kann jeden Tag“ ist zwar auch ok, aber nur, wenn ich dann bei einem Vorschlag nicht die Antwort bekomme „Achnee, immer außer dann, da bin ich beim Friseur.“ oder ähnliches.

Beispiel: „Guten Tag, Madame Simone. Ich bin der/die sowieso und würde gerne mit Ihnen einen Termin für eine Kliniksession vereinbaren. Ich kann nächste Woche Mittwoch und Donnerstag ab 15:00 Uhr. Haben Sie da noch Zeit für mich?

Wie lange soll es dauern?

Möchtest Du eine Stunde buchen? Anderthalb? Zwei? Eine Langzeit-Session? Ein Overnight? Dann sag das bitte. Circa-Angaben sind völlig nutzlos, genauso wie „nur mal 20 Minuten Füße lecken“. Ich biete 30-minütige Termine ausschließlich online an, da gibt es kein Diskutieren.

Beispiel: „Guten Tag, Madame Simone. Ich bin der/die sowieso und würde gerne mit Ihnen einen Termin für eine Kliniksession vereinbaren. Ich kann nächste Woche Mittwoch und Donnerstag ab 15:00 Uhr. Haben Sie da noch Zeit für mich? Ich möchte gerne für eine Stunde zu Ihnen kommen.“

Wo möchtest Du etwas erleben?

Ich pendle zwischen Hamburg und Köln. In der Regel bin ich etwa sechs Wochen in Köln und drei Wochen in Hamburg im Wechsel. Wann ich wo bin, findest Du immer hier: Termine

In Köln biete ich Termine im Hotel, Stundenhotel und ggf. Mietstudio an. In Hamburg sind Termine im Hotel oder Studio möglich. Da ich auch Begleitung zum Essen gehen oder für Kulturveranstaltungen anbiete, ist es wichtig, das direkt zu sagen.

Beispiel: „Guten Tag, Madame Simone. Ich bin der/die sowieso und würde gerne mit Ihnen einen Termin für eine Kliniksession vereinbaren. Ich kann nächste Woche Mittwoch und Donnerstag ab 15:00 Uhr. Haben Sie da noch Zeit für mich? Ich möchte gerne für eine Stunde mit Ihnen ins Mietstudio XYZ gehen.“

Alternativ auch: „Guten Tag, Madame Simone. Ich bin der/die sowieso und würde gerne mit Ihnen nächste Woche einen Termin für ein klassisches OTK-Spanking und Englische Erziehung in meinem Hotel XYZ vereinbaren. Ich kann am Mittwoch und Donnerstag ab 16:00 Uhr. Gerne für zwei Stunden und danach würde ich Sie gerne auf einen Cocktail in der Hotelbar einladen.“

Seht Ihr? Das ist doch alles gar nicht so schwer!

The 5-W-pattern for contacting me

This text also available in German: „Die 5-W-Regel zur Kontaktaufnahme“

The time has come. Despite the pandemic and with the necessary precautions and hygiene measures, the studios are open again! Yay! Finally you can make an appointment with the dominatrix or dominus of your choice!

“Uh, what, like, appointment? Can’t I just walk in there?”

Well, not for me at least. I’m sure there are studios where spontaneous sessions are possible, but that’s not the case with me. So in order to successfully make an appointment with me, I have a little guide for you. I have already written something here (in German) about the first contact by phone. We start with the 5-W-pattern. A bit like an emergency call, only sexier.

Who are you?

No, I don’t want to hear your life story and you don’t have to tell me your real name when you first contact me, but I don’t want to address you with “Hey, you there!” either. It is absolutely not necessary to write me “Hello, I am George, 45 years old, 187 cm tall, 90 kg heavy with blue eyes and brown hair” etc.. These outward appearances are not relevant to me. I don’t want to read a novel about your previous experiences either.

Example: “Good day, Madame Simone. I am [Name].”

What is it about?

Is it directly about an appointment, or do you want to ask whether I offer something in particular? Then write that directly. I can work better with “Do you also offer couple education, ponyplay or feminisation?” than if I have to pull everything out of your nose if you can’t get to the reason for your contact. Again – no novels. You don’t have to write me your fantasies in long texts, and I won’t go into them. We’ll be happy to discuss ideas once we’ve made an appointment. (Or more specifically: there is no free w**nk material from me!)

Example: “Good day, Madame Simone. I am [Name] and would like to make an appointment with you for a clinic session.”

When do you want it to take place?

Tell me specifically when it suits you. On my homepage I have listed the days on which I generally make appointments. You can use this as a guide and then tell me the times that suit you. I will then check whether I still have free appointments in the desired time periods. “I’m on holiday next week and can come every day” is also okay, but only if I don’t get the answer “Oh no, always except then, I’m at the hairdresser’s” or something similar when I make a suggestion.

Example: “Good day, Madame Simone. I am [Name] and would like to make an appointment with you for a clinic session. I can do Wednesday and Thursday next week from 3pm. Do you have time for me there?

hoW long do you want it to last?

(Yeah, that’s a bit cheating with one of the “W”s. I’m entitled to do so.)

Would you like to book an hour? One and a half? Two? A long term session? An overnight? Then please say so. Approximations are completely useless, just like “just licking feet for 20 minutes”. I offer 30-minute appointments exclusively online, there’s no discussion.

Example: “Good day, Madame Simone. I am [Name] and would like to make an appointment with you for a clinic session. I can do Wednesday and Thursday next week from 3pm. Do you have time for me then? I would like to come and see you for an hour.”

Where would you like to experience something?

I commute between Hamburg and Cologne. I’m usually alternating in Cologne for about six and in Hamburg for three weeks. You can always look up when I am where here: Termine

In Cologne I offer appointments in a hotel, hourly hotel and possibly a rental studio. In Hamburg, appointments in a hotel or studio are possible. Since I also offer escort services for going out to eat or for cultural events, it is important to say so directly.

For example: “Good day, Madame Simone. I am [Name] and would like to make an appointment with you for a clinic session. I can do Wednesday and Thursday next week from 3pm. Do you have time for me then? I would like to go to the rental studio XYZ with you for an hour.”

Alternatively: “Good afternoon, Madame Simone. I am [Name] and would like to make an appointment with you next week for a classic OTK spanking and English education at my hotel XYZ. I can do Wednesday and Thursday from 16:00. Gladly for two hours and afterwards I would like to invite you for a cocktail in the hotel bar.”

See? It’s not all that difficult!

Interview „BDSM in der Gesellschaft“

Als Sexarbeitende bekommen meine Kolleg*innen und ich immer mal wieder Anfragen für Interviews. Jüngst war es die Anfrage einer jungen Frau, die im Rahmen ihrer Ausbildung eine Vertiefungsarbeit schreiben muss. Dafür sollte sie ein Interview führen und für dieses hat sie sich das Thema „BDSM in der Gesellschaft“ ausgesucht. Weil ich es für ein sehr interessantes Thema halte, wollte ich Euch meine Antworten auf ihre Fragen nicht vorenthalten.

Wie sind Sie zu BDSM gekommen?

Das ist schon recht lange her. Ich hatte schon bei meinen ersten sexuellen Erfahrungen 1992 im Alter von 15 Jahren festgestellt, dass ich es mag, aktiv, dominierend und durchaus mit ein bisschen Schmerz an die Sache heranzugehen. Damals war das noch verhältnismäßig harmloses Kratzen, Beißen, etwas grober anfassen und vor allem wollte ich immer die Kontrolle haben. Einen konkreten Namen hatte ich allerdings dafür noch nicht. 1997 bin ich dann im IRC (Internet Relay Chat, ein textbasiertes Chat-System) zufällig über einen BDSM-Channel gestolpert und da ging mir ein Licht auf. Von da aus habe ich mir die Informationen, die ich haben wollte, im Internet zusammengesucht und recht schnell auch Menschen aus besagtem Channel real kennengelernt, erste Partys, erste Stammtische besucht. Damals habe ich noch in der Schweiz gelebt, die sogenannte „Szene“ war in Deutschland jedoch schon etwas besser aufgestellt, weswegen ich zu Partys auch bis nach Köln gefahren bin. In dieser Zeit habe ich dann auch einen passiven Partner kennengelernt, bin 2001 von der Schweiz nach Bonn und zu ihm gezogen, und meine Peergroup besteht im Grunde seit damals hauptsächlich aus Personen die mindestens BDSM-offen, tolerant und sexpositiv sind.

Wie wird BDSM heutzutage in der Gesellschaft toleriert, aus Ihrer Sicht?

Das hängt sehr stark davon ab, mit welcher Altersgruppe man es zu tun hat und ob es sich um privaten oder kommerziellen BDSM handelt. Grundsätzlich deutlich besser, als noch vor 15 oder 20 Jahren. Wir sind noch immer nicht völlig aus der „Schmuddelecke“ raus, von vielen, vor allem jüngeren Menschen, werden Praktiken aus dem BDSM Spektrum allerdings mittlerweile völlig selbstverständlich als Erweiterung ihres Sexuallebens eingebunden. Wir dürfen nicht vergessen, BDSM ist ein „umbrella term“, also ein Überbegriff für unzählige verschiedene Praktiken, die keineswegs alle etwas mit Schmerzen, Dominanz/Unterwerfung usw. zu tun haben.

Mein Eindruck ist, dass es mittlerweile für jüngere Menschen schon fast zu einem Trend geworden ist, sich in oder am Rande der sogenannten „BDSM-Szene“ zu bewegen, auch wenn sie für sich nicht einmal sicher sagen können, ob sie entsprechende Neigungen oder einfach Neugier dahin treibt. Was völlig ok ist. Wir haben uns alle erst einmal orientiert und herausgefunden, was für und zu uns passt, und selbst, wenn ein Mensch dann entdeckt, dass das nicht sein/ihr/their Ding ist, hat die sogenannte „Szene“ meiner Erfahrung nach trotzdem viel zu bieten. Unabhängig von den Praktiken wird unglaublich viel über gegenseitigen Respekt, Sicherheit, Konsens, Toleranz etc. gesprochen, davon können viele Menschen profitieren, ganz unabhängig von ihren persönlichen Neigungen und Vorlieben. In der Gesellschaft als Ganzes wird BDSM allerdings noch oft in Klischees dargestellt und wahrgenommen. Werbung mit Dominas, die so in Lack & Leder verpackt sind, dass sie bei jedem Schritt quietschen und knirschen. Submissive Männer, die winseln und sabbern. Dass die Realität selbst im Dominastudio oft anders aussieht, wird nicht so gerne gezeigt oder gehört. Es birgt einfach zu wenig Empörungspotential.

Bei meinen Gästen im Studio sind auch immer wieder Menschen dabei, die schon etwas älter sind. Sie sind zu Zeiten groß geworden, in denen BDSM als „krank“, „falsch“, „pervers“ massiv verurteilt wurde und kinky Menschen eine deutlich stärkere Stigmatisierung als heute erfahren haben. In denen ein Outing als „Perverser“ sogar den Job kosten konnte. Einige von ihnen haben das verinnerlicht und schämen sich vor ihren Partner*innen oder sogar vor sich selbst, deswegen leben sie ihre Neigungen in einem Studio und nie privat aus. Es ist dann nicht so nahe am Privatleben, und wenn die Studiotüre geschlossen wurde, wird auch niemand sonst davon erfahren. Sexarbeitende sind naturgemäß ein absolut verschwiegenes Völkchen.

Bei manchen Menschen ist da tatsächlich ein richtiger Leidensdruck dahinter.

Etliche haben auch schon versucht, mit ihren Partner*innen bestimmte Praktiken auszuleben, diese haben aber keine passenden Neigungen und bevor z. B. der Ehemann oder die Partnerin privat eine Affäre beginnt, sehen sie darüber hinweg, dass sie sich in einem Studio ausleben.

Kurz gesagt – die Toleranz ist sicher höher als früher, aber BDSM ist vielleicht als etwas skurriler „Modetrend“ (auch im wörtlichen Sinne, viele Kleidungsstücke und Accessoires aus dem Fetischbereich haben ihren Weg in die Mode gefunden) akzeptiert, aber noch nicht wirklich gesellschaftsfähig. Wir arbeiten daran.

Wie denken Sie darüber?

Die Frage verstehe ich nicht ganz. Wie ich darüber denke, wie BDSM toleriert wird, habe ich ja bereits dargelegt. Für mich ist es tatsächlich nicht wirklich relevant, was andere Menschen darüber denken. Erst wenn es zu staatlichen Eingriffen in das Selbstbestimmungsrecht, die persönliche Sexualität oder meinen Beruf kommt, ist es ein Problem. Dagegen kämpfen sowohl verschiedene BDSM-Vereine, als auch Sexarbeitenden-Organisationen.

Unsere Körper gehören uns und was wir in gegenseitigem Einvernehmen als erwachsene Menschen miteinander machen, das geht absolut niemanden außer die Beteiligten etwas an. Völlig unabhängig davon, ob wir BDSM privat oder professionell ausleben.

Gibt es viele Vorurteile über Ihren Beruf?

Die kurze Antwort: Ja. Unzählige.

Könnten Sie dazu Beispiele nennen?

Man liest des öfteren, dass Dominas ja keine „richtigen“ Sexarbeitenden sind. Dass sie in der „Prostituierten-Nahrungskette“ an der Spitze stehen und ja viel mehr verdienen. Diese Idee ist falsch. Auch wenn viele (nicht alle) Dominas in der Regel keinen Geschlechtsverkehr anbieten, sind es sexuelle Dienstleistungen, die durchaus überwiegend mit dem Orgasmus der Kund*innen enden. Wer einen Unterschied zwischen Kolleg*innen, die beispielsweise auf der Straße, im Stundenhotel, Wohnmobil usw. arbeiten und Dominas macht, befeuert eine Hierarchie, die es so nicht geben darf. Wir sind keinesfalls besser als Menschen, die in einem anderen Branchenzweig arbeiten, wir bieten nur unterschiedliche Dienstleistungen an. Was den Verdienst angeht, auch das ist eine Illusion, die ich zerstören muss. Ja, unser Honorar ist nicht gerade niedrig. Ich zum Beispiel verlange für eine Stunde im Studio üblicherweise 250€. Das klingt erst einmal nach viel Geld. Allerdings haben die meisten von uns nicht jeden Tag mehrere Stunden zu tun. Von diesen 250€ bezahlen wir Miete und Nebenkosten, da kaum eine Domina angestellt ist, sondern fast alle freiberuflich tätig sind, respektive ein eigenes Studio besitzen. Dazu kommen Bekleidung, Verbrauchsmaterialien, wenn ich nicht nur im Studio arbeite, sondern einen Hotelbesuch mache, auch „Spielzeug“ zum mitnehmen, Versicherung, Fahrtkosten, Steuern und bei manchen Menschen auch noch ein*e Steuerberater*in, sofern sie sich mit Buchhaltung etc. nicht gut auskennen. Da habe ich Glück, denn ich bin gelernte Kauffrau mit Buchhaltungskenntnissen. Am Ende bleibt von dem Verdienst nicht mehr ganz so viel übrig, wie es sich die Menschen gerne vorstellen.

Es kommen natürlich auch viele andere falsche Vorstellungen dazu. Die Annahme, dass ausschließlich Frauen im dominanten kommerziellen Bereich arbeiten, zum Beispiel. Das ist nicht korrekt, ich habe mehr als einen männlichen Kollegen, der als Dominus arbeitet. Die Klientel ist auch da öfter männlich, jedoch nicht ausschließlich. Genausowenig, wie ich ausschließlich männliche Kunden habe. Es kommt durchaus auch vor, dass Frauen Termine buchen, oder Pärchen eine Einführung in verschiedene Techniken wünschen. Die Konstellation, dass der dominante Teil einer Beziehung sich etwas unsicher ist und ein Paar deswegen etwas Anleitung einer Domina/eines Dominus in Anspruch nimmt, die ist gar nicht so selten.

Ein weiteres Beispiel wäre das Klischee, dass ein submissiver Mann geradezu ins Dominastudio gekrochen kommt und sagt „Herrin, macht mit mir, was ihr wollt!“ Tatsächlich sieht die Realität doch deutlich anders aus.

Bei mir wird für jede Session ein Termin vereinbart und bevor es überhaupt zur Sache geht, ein Vorgespräch geführt. Darin frage ich die Wünsche und Vorstellungen ab, welche Erfahrungen ein Mensch schon gemacht hat, welche no-gos es gibt und auch, ob die Person gesundheitliche Einschränkungen hat, die verschiedene Praktiken ausschließen. Wider Erwarten sind gar nicht so viele Kund*innen Hardcore Masochisten oder extrem devot. Sie haben ganz unterschiedliche Neigungen, die teilweise überhaupt nichts mit Schmerz oder Unterwerfung zu tun haben.

Ich arbeite auch nicht grundsätzlich in Lack&Leder oder mit Korsett und High Heels. Das ist sehr individuell und kann von Springerstiefeln und Armypants, über schwarzen Bleistiftrock und weiße Bluse zu Abendkleid oder Doktorkittel reichen, je nachdem was die Kund*innen sich wünschen und wenn sie sich nichts wünschen, dann danach, wie ich mich gerade fühle. Es ist stark abhängig davon, ob es sich um ein Rollenspiel handelt. Ich werde bei einem Klinik-Szenario eher nicht im Bibliothekarinnen-Outfit daher stöckeln, bei einem Gefängnis-Rollenspiel nicht im Blümchenkleid usw.

Bekommen Sie viele unseriöse Anfragen?

Auch hier lautet die Antwort: Ja.

Zur Zeit ist meine Arbeit in Deutschland durch die Coronaschutzverordnungen untersagt. Trotzdem bekomme ich immer wieder Anfragen, die reale Treffen zum Inhalt haben. Das fällt für mich unter unseriös und noch dazu gefährlich. Man kann über die momentan geltenden Regelungen und ihre Sinnhaftigkeit geteilter Meinung sein, aber wer mir eine Anfrage in diesen Zeiten schickt zeigt, dass es mit geltendem Recht und Verordnungen nicht so genau genommen wird. Das ist ein Ausschlusskriterium und ich merke mir das auch für nach der Pandemie, wenn wir wieder regulär arbeiten dürfen.

Auch in Nicht-Pandemiezeiten bekomme ich immer wieder Anfragen, die alles andere als seriös sind. Von Inhalten, die schlicht gegen geltende Gesetze verstoßen würden, über klar erkennbare „Kopfkinos“, die einfach nicht realistisch umsetzbar sind zu Nachrichten und Telefonaten, die ein Versuch sind, sich kostenfrei Leistungen zu erschleichen. Mit der Zeit entwickelt man aber ein Gespür dafür, welche Anfragen seriös sind und welche nicht. Ähnlich wie viele andere Kolleg*innen, bin ich inzwischen dazu übergegangen, eine kleine Anzahlung für Termine zu verlangen, wenn ich mir unsicher bin. Da wir uns in Studios einmieten, bleiben wir sonst im schlechtesten Falle auf der Raummiete sitzen, wenn Gäste einfach nicht erscheinen.

Begegnen Sie vielen Personen, die BDSM nur von Fifty Shades of Grey kennen?

Nein, das ist tatsächlich nicht der Fall. Das hat allerdings in erster Linie damit zu tun, dass mein Umfeld ohnehin schon länger mit der Thematik beschäftigt ist und kein nennenswertes Interesse an so verzerrten Darstellungen hat. Als Buch und Film raus kamen, gab es allerdings ein paar Diskussionen darüber, wie falsch und irreführend diese Geschichte ist. Fifty Shades of Grey beschreibt keine gesunde BDSM-Konstellation, sondern eine extrem missbräuchliche Beziehung. Ich würde es keinesfalls Menschen empfehlen, die sich neu mit der Thematik beschäftigen möchten.

Denken Sie, BDSM ist schwer im Alltag auszuleben, wenn man noch nicht viel Erfahrung hat sammeln dürfen?

Nicht schwerer oder weniger schwer als andere Formen der Sexualität. Wir leben ja üblicherweise unsere Sexualität eher nicht „im Alltag“ aus. Da stehen Arbeit, Haushalt, Hobbys, Familie o.ä. im Vordergrund. Für Intimität muss man sich schon bewusst Zeit nehmen. Es ist auch keine Frage der Erfahrung. Viel eher ist es ein Thema, ob man passende Partner*innen dafür hat, wie offen man kommuniziert und ob man sich diese Zeit und Ruhe zum Erforschen und Experimentieren nehmen kann. Wir haben ja jetzt durch die Pandemie eine besondere Situation, aber zu normalen Zeiten gibt es ja die Möglichkeit, zu Stammtischen zu fahren und sich da neben Austausch auch Rat zu holen, wenn es z. B. um Techniken geht. Um erste BDSM Erfahrungen zu machen, braucht man auch nicht gleich ein Andreaskreuz und einen Strafbock neben der Waschmaschine im Keller, einen Reisekoffer voller Schlagwerkzeug und Seile oder einbetonierte Deckenhaken, die man beim Auszug nur noch wegflexen und überstreichen kann.

Sind Sie gegenüber neuen Freunden und Verwandten offen, was Ihre persönlichen Neigungen angeht?

Wenn es eine zwischenmenschliche Beziehung ist, in der auch mal über Sexualität gesprochen wird, ja. Meistens spricht man ja nun nicht mit jedem darüber, was im heimischen Schlafzimmer so getrieben wird, deswegen finde ich die Idee mit der „Offenheit“ immer eher amüsant. Wobei ich auch nicht unbedingt ins Detail gehe, was ich denn so mag. Auch BDSM-interessierte Menschen haben andere Themen als ihre Kinks und Vorlieben, in aller Regel sind sie in Gesprächen mit Freund*innen und Verwandten einfach nicht Thema. Wenn es um Berufliches geht, ich zum Beispiel gefragt werde, was für einen Beruf ich ausübe, dann bin ich da auch völlig offen. Ich habe nicht das Gefühl, dass ich mich für meine Arbeit in irgendeiner Form schämen muss und bin in meinem Familien- und Freundeskreis komplett geoutet.

Gibt es Dinge, die Sie schon sehr erfahrenen Personen noch beibringen/mitteilen mussten?

Ja, das gibt es immer mal wieder. Wir können nicht alles wissen oder mit allem Erfahrungen gesammelt haben. Deswegen sind Austausch, Weiterbildung, Workshops und Ähnliches sehr sinnvoll und wichtig. Sowohl privat als auch beruflich. Wenn ich eine neue Technik lernen möchte, dann suche ich mir erfahrene Menschen, beispielsweise medizinisches Fachpersonal oder in ihrem Gebiet sehr erfahrene Kolleg*innen und lasse mir Dinge erklären und beibringen. Im Gegenzug erkläre ich auch Menschen Techniken, die eigentlich sehr erfahren sind, aber eine spezielle Sache, mit der ich mich lange beschäftigt habe und gut auskenne, noch nie gemacht haben. Gerade bei riskanteren Praktiken ist eine solide Kenntnis der menschlichen Anatomie zum Beispiel sehr wichtig. Am aller häufigsten geht es aber um Fragen der Kommunikation. Ich habe schon mit wirklich langjährigen SMer*innen darüber gesprochen, wie sie am besten persönliche Grenzen ziehen, Wünsche artikulieren oder Kritik äußern können. Das ist sehr oft eher eine Baustelle als tatsächliche Praktiken.