Dauerhafte „Sklav*innen“ der Domina

Vorneweg ein Disclaimer:

Ich zögere immer wieder, die Begriffe „Sklave“ oder „Sklavin“ zu benutzen, denn bei meinem Kontext handelt es sich ja um eine Spielart, respektive zwischenmenschliche Beziehung mit Machtgefälle auf freiwilliger Basis. Oft überlege ich, ob ich nicht einen anderen Begriff finden kann, der mir nicht so das Gefühl gibt, dass eine furchtbare rassistische Realität damit verharmlost wird (auch wenn das nicht die Intention dahinter ist).

Nichtsdestotrotz ist es in meiner Branche eine Selbstbezeichnung vieler Kund*innen, weswegen ich für diesen Text erst einmal dabei bleibe. Meine eigenen Gäste versuche ich jedoch nach und nach „umzustellen“ und unter anderen möglichst nur Begriffe wie zb „Spielzeug“ / „Toy“ oder halt Sub für sie zu nutzen.

Aber nun zum eigentlichen Thema. Ich bekomme, wie vermutlich die meisten meiner Kolleg*innen, immer wieder Anfragen, ob ich nicht einen „festen Sklaven“ brauchen könnte. Der Wunsch ist recht weit verbreitet. Kürzlich las ich auch in einem Forum die Frage, wie es denn möglich gemacht werden könne, der Langzeit- oder eben feste Sklave einer Domina zu werden. Dazu möchte ich mal was aus meinem Blickwinkel als ebensolche Domina schreiben.

Sehr oft stammen diese Anfragen von Personen, die noch nie bei mir zu einer Session waren und mich entsprechend gar nicht kennen. Da beginnt das Problem schon für mich. Auch ich möchte in so einer Konstellation nicht austauschbar sein. Wer bei mir eine feste Versklavung anstrebt, soll bitte auch mich und nicht „irgendwen“ meinen oder eine Phantasie umsetzen wollen, die mit mir absolut nichts zu tun hat.

So eine Dynamik ist in der Regel nicht ganz oberflächlich, und ich kann sie mir beim besten Willen nicht mit irgendwem vorstellen. Deswegen ist es für mich persönlich auch nur denkbar, wenn ich mein Gegenüber schon gut kennenlernen konnte, und zwar im Rahmen von einigen gemeinsamen Sessions über einen längeren Zeitraum.

Neben solchen Startschwierigkeiten gehen die Ansichten, wie langfristige Sklavenhaltung gestaltet sein soll, doch massiv auseinander.

Monetäre Kompensation

Die selbsternannten Sklaven möchten – nicht immer, aber doch recht oft – keinen oder lächerlich wenig Tribut entrichten, wenn sie eine feste Herrin suchen.

Wo relativ klar ist, dass bei einer dauerhaften „Versklavung“ üblicherweise nicht weiterhin so hohe Stundenpreise erhoben werden wie bei einzelnen Besuchen im Studio, so sollte allerdings ebenfalls klar sein, dass wir in der Regel nicht privat suchen und definitiv auch eine monetäre Kompensation für unsere Zeit erwarten. Nicht so sexy (wenn man nicht gerade auf Findoms steht), aber wer das aus den Augen verliert, ist naiv.

Ja, über die Zeit entwickelt sich im Optimalfall auch eine persönlichere zwischenmenschliche Beziehung. Man lernt sich besser kennen. Aber wir sind halt auch nicht nur Dominas, deren Beruf und Berufung der Umgang mit (vermeintlichen) Sklaven ist, eine Aufweichung der professionellen Distanz beschädigt für manche Menschen auch das Machtgefälle, welches sie für diese Konstellation benötigen.

Unrealistische Vorstellungen

Die Sklaven möchten oft eben nicht nur alltägliche Dienste ausführen, sondern stellen sich unter „fester Sklave“ oft Lustspielzeug, Begleitung der Domina oder gar regelmäßige Sessions vor.

Tatsache ist, dass so ein fester Sklave vielleicht mal den Chauffeur spielen, Besorgungen machen, Dinge erledigen, Aufträge ausführen kann. Hin und wieder wird er eventuell als Accessoire an Veranstaltungen spazieren geführt oder auch in Sessions mit zahlender Kundschaft eingebaut. Aber der überwiegende Teil der Personen, die mich diesbezüglich angeschrieben haben, möchten im Grunde das haben, was allenfalls eine private Beziehung mit einer dominanten Frau erfüllen könnte – also regelmäßige Interaktion in Form von Sessions, das Eingebunden sein in die alltäglichen und vor allem privaten Belange der Dame, rund um die Uhr die Möglichkeit zum Kontakt haben usw. Manche möchten auch direkt einziehen und im Keller oder neben dem Bett angekettet werden und nur noch ihr „Sklavenleben“ führen. Woher sie dann allerdings das Einkommen haben sollen, ihren Lebensunterhalt zu finanzieren, das überlegen sie sich in den seltensten Fällen. Es ist halt offensichtlich bei vielen ein unausgegorener und schlecht überdachter Wunsch. Für andere schlicht nur eine Wichsphantasie.

Sicher sind nicht alle so, aber recht viele haben diese naiven Vorstellungen. Mir kommt das dann eher vor, als ob viele dieser Personen eine regelmäßige Unterhaltung und Sessions möchten, ohne den entsprechenden Preis dafür zahlen zu müssen. Alternativ völlig realitätsfremd sind. Oder beides. Für mich ist das jedenfalls nicht gerade ansprechend.

Skurril wird das besonders dann, wenn sie etwas von 24/7-Versklavung phantasieren, und dann erstaunt feststellen, dass der Job, Familie und das eigene Sozialleben doch mehr Raum einnehmen als gedacht, und öfters die aufgetragenen Dinge gar nicht einfach umsetzbar sind.

Realität

Ich möchte gar nicht sagen, dass Herr*in-Sklavi*n-Beziehungen nie funktionieren! Dem ist nicht so. Ich kenne genug Kolleg*innen, die seit Jahren ihren festen Sklaven/ihre Sklavin und eine schöne und vertrauensvolle Beziehung zu ihnen aufgebaut haben. Aber das funktioniert nur, wenn man im Vorfeld die eigenen Vorstellungen sehr klar kommuniziert und den Umfang der Versklavung genau absteckt. Und wenn klar ist, dass das Privatleben der Herrin auch privat bleibt. Fast immer sind diese Sklav*innen in solchen Beziehungen vorher lange Zeit Stammkund*innen der jeweiligen Kolleg*innen gewesen und haben sich über die Zeit deren Vertrauen erarbeitet. Manchmal verschwimmen dann auch die Grenzen zwischen beruflicher und privater Beziehung. Das ist in meinen Augen ok, solange das von allen Beteiligten so gewollt ist. Ein Aspekt bleibt aber fast immer – der monetäre. Das muss, wie schon erwähnt, nicht dasselbe Honorar wie der reguläre Stundentarif für eine Session sein. Die wenigsten könnten sich das auf Dauer leisten. Aber ganz ohne monetäre Kompensation für die Zeit der Herr*innen laufen solche Beziehungen dann doch nicht ab.

Unterschied zwischen „fester“ und „privater“ Sklave.

Ich unterscheide das ganz massiv. Private Sklaven (oder in meinem Fall Subs) sind auch tatsächlich Spielpartner*innen, mit denen ich nie in irgendeiner beruflichen Beziehung gestanden habe, oder stehen werde. Da ist die Beziehung wie jede andere persönliche Beziehung zwischen Femdom und passivem Partner. Ich bin dann auch nicht die Domina, sondern investiere viel meiner privaten Zeit und das gerne.

Ein fester Sklave, der mich als Domina kennengelernt und mein Vertrauen erworben hat, ist eine gänzlich andere Sache. Auch da respektiere ich den Menschen, schätze den Sub und auch da kann ich eine Beziehung aufbauen, aber die Positionen bleiben immer klar – ich bin die Domina und ich werde für meine Zeit in irgendeiner Form auch entlohnt.

Für mich persönlich kommen feste Sklaven auch nur dann in Frage, wenn sie ohne Anhang sind, oder deren Partner*innen von der Dynamik wissen, zeitlich flexibel und auf dem Boden geblieben, was die Erwartungen angeht. Und natürlich muss ihnen klar sein, wenn sie zb. denselben Tribut für eine reguläre zwei- oder dreistündige Session für jeweils einen Monat entrichten, dass sie nicht das Rundum-Sorglos-Paket mit der Dauerbespaßung erwarten können. Die Zeit, die feste Sklaven in Anspruch nehmen, kann ich ja nicht in meine regulären Gäste investieren. Wobei ich gar nicht von „festen Sklaven“, also in der Mehrzahl schreiben sollte. Gut möglich, dass Kolleg*innen die Zeit für mehrere Sklav*innen nebeneinander haben. Mein Zeitbudget gibt allenfalls für einen, maximal zwei Menschen genug Zeit her, damit eine angemessene Interaktion auch gewährleistet ist, und ein Sklave nicht nur das „Schildchen“ Sklave von Madame Simone trägt, sondern tatsächlich auch spürt, dass diese Verbindung real existiert. Das gehört zumindest zu meiner Professionalität dazu.

Auch wenn das Arrangement anders aussieht als bei klassischen Sessions im Studio – ich habe schon den Anspruch, im vereinbarten Rahmen auch meinen Teil der Beziehung zu erfüllen, sonst lohnt es sich ja auch absolut nicht für den oder die Sklav*in. Ein Sammeln von möglichst vielen Sklav*innen, denen ich dann zeitlich überhaupt nicht mehr gerecht werden könnte, ist für mich ein No-Go, auch wenn es sich finanziell vermutlich lohnen würde auf Dauer. Aber auch hier gibt es Kolleg*innen, deren Zeitmanagement das durchaus hergibt. It’s just not for me.

Also – wenn es Euer innigster Wunsch ist, fester Sklave oder feste Sklavin einer Domina zu werden: Das ist nicht unmöglich. Unterschiedliche Kolleg*innen haben auch vollkommen andere Voraussetzungen oder Ansichten zu dem Thema. Aber eines ist, glaube ich, für alle Konstellationen zutreffend: Bleibt auf dem Boden und lasst Euch nicht von Euren Phantasien zu sehr beeinflussen.

Warum Sexarbeitende nicht so oft über schlechte Erfahrungen sprechen

CN: Vergewaltigung, sexuelle Übergriffe, Gewalt.

In unserer Branche, der Sexarbeit, ist selbstverständlich auch nicht immer alles Gold, was glänzt. Ich habe auch noch nie Kolleg*innen getroffen, die das behauptet haben. Wie in anderen Berufen haben auch wir Begegnungen mit übergriffigen, aufdringlichen oder gar gewalttätigen Personen. Es kommt lange nicht so oft vor, wie es die Gegnerinnen der Sexarbeit der Welt gerne weismachen möchten, aber es kommt vor. Auch Sexarbeitende können belästigt, gestalked, verprügelt oder vergewaltigt werden. Und manchmal sind auch Sexarbeiter*innen Opfer von Tötungsdelikten. Warum also sprechen nicht viele Sexarbeitende darüber? Warum trauen sich manche Sexarbeitende nicht, Gewalttaten gegen sie oder gar Vergewaltigung anzuzeigen?

Weil es gegen uns verwendet wird. Sobald Sexarbeitende eine schlechte Erfahrung öffentlich äußern, wird gesagt „Ha! Sagen wir doch schon lange! Her mit dem Verbot!“

Dabei wird völlig unter den Teppich gekehrt, dass die betroffene Person vielleicht 99% gute Kunden und diesen einen Arschlochkunden hatte. Das wird aber entweder totgeschwiegen oder es wird versucht, das Opfer mundtot zu machen. Mit „Ach, die/der ist ja traumatisiert!“ zum Beispiel.

Viele von uns überlegen sich gut, ob wir schlechte Erfahrungen oder gewaltvolle Erlebnisse überhaupt öffentlich machen sollen, um zu vermeiden, Gegner*innen unserer Arbeit in die Hände zu spielen. Mal ganz abgesehen davon, dass es auch Menschen gibt, die ernsthaft der Meinung sind, dass Sexarbeitende ja gar nicht vergewaltigt werden können, respektive es „ja provoziert“ haben. In Ländern mit einem Sexkaufverbot (Nordisches Modell z. B.) werden Opfer von Vergewaltigung, die auch Sexarbeiterinnen sind, den Teufel tun, zur Polizei zu gehen und eine Anzeige zu machen. Verbote helfen uns nicht. Sie führen dazu, dass nur noch die für uns gefährliche Kundschaft übrig bleibt und wir uns erst recht keine Hilfe von Polizei etc. erhoffen können.

Dabei ist es so wichtig, dass wir auch über unsere schlechten Erfahrungen offen kommunizieren können. Ja, wir müssen! Es gibt nicht ohne Grund so viele Vereinigungen von Sexarbeitenden, die sich für sichere, gute Arbeitsbedingungen einsetzen! Nur wenn ein Beruf als solcher wirklich anerkannt und respektiert wird, wenn es klare Regelungen und Schutz gibt, kann eine Arbeit sicherer ausgeübt werden.

Liest man in einer Zeitung, dass eine Krankenpflegerin von einem Patienten sexuell belästigt oder gar zusammengeschlagen wurde, dann ist man sich einig: Das geht gar nicht! Da muss mehr für den Schutz des Pflegepersonals getan werden! Die Arbeitsbedingungen verbessern! Kein Mensch fordert: Pflegearbeit verbieten! Dasselbe gilt für die meisten Berufe, egal ob im Einzelhandel, Hotel, Gastro, Büro etc.

Also warum wird bei uns immer sofort eine Abschaffung unserer Erwerbstätigkeit gefordert, statt zu sagen „Das ist furchtbar, wir müssen verhindern, dass das so einfach möglich ist!“? Wie können wir die Arbeitsbedingungen sicherer machen? Was braucht ihr?“

Also nein, es ist nicht immer alles supi und problemlos in unserer Branche. „Happy Hooker“ sind die wenigsten von uns. Aber Menschen, die ihren Job selbst gewählt haben und ihn so sicher wie möglich ausüben wollen. Dass ihr nicht so oft von den schlechten Seiten unserer Branche von uns lest, liegt daran, dass Opfer sich nie sicher sein können, dass ihnen aufgrund der Tatsache, dass ihnen etwas schreckliches passiert ist, auch gleich die Lebensgrundlage, ihr Beruf, mit dem sie ihren Lebensunterhalt verdienen, entzogen werden soll.

Statt Hilfe und Verständnis bekommen sie noch eins übergezogen und dann werden sie noch für die Propaganda unserer Gegner*innen schändlich missbraucht.

Was bedeutet „Berührbarkeit“?

You can’t touch this! Oder doch?
Was bedeutet „Berührbarkeit“?

Berührbarkeit – ein Thema, das in meiner Branche immer wieder zur Sprache kommt und auch zu Unklarheiten führen kann, wenn nicht alle Beteiligten dieselbe Definition davon nutzen. Also was genau bedeutet „Berührbarkeit“ und warum ist Kommunikation darüber so wichtig?

Früher™

Erst einmal ein kleiner Ausflug in die Vergangenheit. Bitte beachtet dabei, dass es immer abweichende Erfahrungen geben kann, und auch schon immer flexiblere Kolleg*innen gegeben hat.

Etwas ältere Generationen von Studiogänger*innen und dominant arbeitenden Sexarbeitenden kennen das vielleicht noch. Früher™ waren sehr viele Dominas „klassisch unberührbar“. Sexuelle Praktiken wie Geschlechtsverkehr oder Oralverkehr waren tabu, die Domina hat sich nicht von ihren Gästen berühren lassen, und wenn doch, dann nicht im Intimbereich oder nur über der Bekleidung.

Das Küssen, Lecken und Berühren von Stiefeln, Handschuhen oder ähnlichem sei da mal als Beispiel genannt. Die Domina hat sich durch diese „sexuelle Unerreichbarkeit“ von anderen Sexarbeitenden unterschieden und mit ihr auch eine Distanz zu ihren Gästen aufgebaut und erhalten, die für viele Menschen in dem Kontext BDSM eben genau den wichtigen Reiz ausmacht. Auch zu viel nackte Haut oder das Zeigen der nackten Brüste etc. wurde oft abgelehnt und als „nicht dominant“ wahrgenommen. War eine Domina unberührbar, dann war nicht selten auch damit zu rechnen, dass der Gast auch nicht via einen Handjob oder mit anderen Methoden zum Orgasmus gebracht wurde. Dominas haben sich auf den BDSM-Bereich beschränkt, den rein sexuellen/befriedigenden Part, den haben sogenannte „Zofen“ übernommen. Natürlich gab es schon immer Kolleg*innen, die BDSM und anderen Formen der Sexualität aufregend miteinander verbunden haben, aber sie haben sich dann nicht unbedingt immer als Domina bezeichnet.

Diversität im Angebot – bizarr, berührbar, unberührbar?

Heute gibt es meiner Meinung nach (glücklicherweise) sehr viel mehr Diversität in der Branche, sehr viele unterschiedliche Herangehensweisen und Bezeichnungen. Es gibt noch immer unberührbare Dominas, die aber zuweilen auch eine Session mit Handjob abschließen oder Sessions oben ohne oder nackt durchführen. Es gibt berührbare Dominas, die aber keine Sessions oben ohne oder komplett nackt anbieten, es gibt Bizarrladies, Switches, dominante/bizarre Escorts und eine ganze Menge Abstufungen dazwischen. Wir alle definieren selbst, wer wir sind, was wir anbieten und bestimmte Label passen nicht mehr so recht. Vielleicht möchten wir auch nicht in bestimmte Schubladen gepackt werden. Das hat auf der einen Seite zur Folge, das auch unsere Kundschaft diverser ist und unsere Sessions schon lange nicht mehr rein auf „oldschool SM“ fokussiert sind, aber eben auch, dass es immer wieder zu Unklarheiten bezüglich verschiedener Begriffe kommt. „Berührbarkeit“ ist einer dieser Begriffe.

Immer fragen, nicht vermuten!

Berührbarkeit kann je nach Anbieter*in völlig unterschiedliche Dinge bedeuten. Fragt also bitte konkret bei den Sexarbeitenden Eurer Wahl nach, was sie unter Berührbarkeit verstehen. Auch wenn eine Domina sich als berührbar bezeichnet, heißt das nicht, dass sie zum Beispiel Geschlechtsverkehr oder Oralsex anbietet. Unberührbar heißt auf der anderen Seite nicht immer, dass ihr die Person auch tatsächlich in keiner Weise berühren dürft. Ich zum Beispiel bezeichne mich als nah- aber nicht berührbar und schreibe oder sage grundsätzlich dazu, dass ich berühre und mein Gegenüber berührt wird. In meinem Fall heißt dass, das ich auch manuell anpacke, um meinen Gästen einen Orgasmus zu bescheren, mich aber selbst nicht im Genitalbereich oder an den Brüsten berühren lasse. Dafür streichle ich meine Gäste gerne mal, und wenn sie es brauchen, nehme ich sie auch in den Arm. Ich bin auch nie nackt oder oben ohne in Sessions, aber meine Zähne und Zunge kommen hin und wieder zum Beispiel zum Einsatz bei Brustwarzenbehandlungen. Auch meine Füße darf man küssen und lecken, wenn man nett fragt. Andere Kolleg*innen sind ebenfalls unberührbar, haben aber Spaß daran auch mal völlig nackt oder in sehr knapper Bekleidung zu spielen und den Gäst*innen bewusst vor die Nase zu halten, was diese nicht haben können.

Wir machen unsere eigenen Regeln!

Wir definieren alle selbst, was wir als Berührbarkeit empfinden, und wenn es aus unseren Texten und Werbung nicht deutlich wird, dann darf und soll man nachfragen.

Oft haben unberührbare Dominas einen Text wie „Kein Intimkontakt bei der Herrin“ auf ihren Homepages oder in Werbeauftritten. Das ist recht klar, so scheint es. Jedoch bedeutet es eben nicht, dass wir unseren Besucher*innen keinen Orgasmus bescheren, wenn es denn gewünscht wird. Auf der anderen Seite findet man Kolleg*innen, die „Leckskla*en-Erziehung“ oder ähnliches anbieten. Hier ist klar, dass sie Oralverkehr an sich selbst in bestimmten Settings zulassen, es bedeutet aber keineswegs, dass auch Blowjobs oder Lecken der Kundinnen zum Angebot gehören.

Die meisten von uns haben auch ihre Tabus gelistet. Bei mir sind das unter anderem GV (Geschlechtsverkehr), OV (Oralverkehr) und AV (Analverkehr). Ich biete aber durchaus Strapon-Sessions an, in denen ich meine Kundschaft anal oder vaginal mit einem Dildo penetriere oder auch mal fiste.

Ich kann jedem und jeder Interessierten nur empfehlen, die Texte der Sexarbeitenden genau zu lesen und nicht nur zu überfliegen. Dort steht in der Regel alles, was ihr zum Angebot wissen müsst. Ist etwas wirklich unklar oder habt ihr Fragen, dann ist eine höfliche und respektvolle Anfrage wie „Ich konnte auf Ihrer Homepage nicht finden, ob Sie eventuell XYZ anbieten. Gehört das auch zu Ihrem Angebot?“ absolut kein Problem. Das gilt für alle Kinks, Fetische und Praktiken. Die meisten von uns bieten so viele unterschiedliche Praktiken an, dass wir sie unmöglich alle auflisten können, ohne damit einen Roman zu schreiben.

Echte oder „unechte“ Domina?

Abschließend sei noch gesagt, dass die Diskussion darüber, wer sich nun als Domina/Dominus bezeichnen darf und soll, vollkommen fruchtlos ist. Es gibt sehr dominante und sadistische Kolleg*innen, die sich einfach die Freiheit nehmen, auch Geschlechtsverkehr mit ihrer Kundschaft zu haben. Das macht sie nicht weniger zu Domina oder Dominus! Es würde vielen von uns gut tun, ein bisschen weniger „snobby“ zu sein und den Menschen selber zu überlassen, wie sie sich bezeichnen und was sie anbieten wollen. Wenn es nicht das ist, was man als Kund*in gerne hätte, dann zieht man weiter und sucht den oder die für die eigenen Vorstellungen gut passende Sexarbeitende*n. Und auch unter Kolleg*innen sollten wir uns alle abgewöhnen, beurteilen zu wollen, wie andere Sexarbeitende etwas zu machen haben. Wenn wir etwas nicht oder anders handhaben als Kolleg*in X oder Y, heißt das noch lange nicht, dass sie nicht dieselbe Bezeichnung wie wir nutzen dürfen. Unsere Branche ist sehr vielfältig und das ist wunderbar so! Wir haben es doch wirklich nicht nötig unseren Kolleg*innen Vorschriften zu machen – das versucht die Gesellschaft um uns herum doch schon genug, nicht wahr?

„Wie läuft ein erster Termin mit einer Domina ab?“

Diese Frage wird mir sehr oft von Menschen gestellt, die noch nie einen Termin mit einer Domina (oder einer Bizarrlady oder einem Dominus etc) vereinbart haben, das aber gerne einmal tun würden.

→ Da wir alle sehr individuelle Herangehensweisen haben, kann ich nicht grundsätzlich für meine Kollegen und Kolleginnen sprechen, aber ich schreibe hier für Euch einmal auf, wie das bei mir abläuft. Einiges davon halten Kolleg*innen ähnlich, anderes werdet ihr so nicht bei ihnen finden. Genauso wie unser Angebot, gestalten wir unsere „Terms and Conditions“ immer so, wie es für uns am meisten Sinn ergibt. ←

Ihr habt also irgendwo eine Anzeige von mir gesehen, euch nach einem Forumsbeitrag auf die Suche gemacht, oder seid direkt über meine Homepage gestolpert. Zwar findet man auf meiner Homepage eigentlich alle wichtigen Informationen, sie sind aber in unterschiedlichen Kategorien zu finden, und man muss sich schon ein bisschen durch diese klicken, bis man alles hat, was man braucht.

Nun möchtet ihr einen Termin vereinbaren, um endlich mal bisher nicht ausgelebte Wünsche oder Phantasien in die Tat umzusetzen oder eure Neugier befriedigen zu können. So läuft das ab:

Erste Kontaktaufnahme

Ihr könnt mich entweder telefonisch zu meinen Kontaktzeiten versuchen zu erreichen – Kontakt – oder mir unter derselben Nummer eine Nachricht auf WhatsApp oder Telegram schreiben. Mir am liebsten ist eine Kontaktaufnahme via E-Mail, aber ich muss nicht darauf beharren, wenn euch ein anderer Kommunikationsweg lieber ist. Auf manchen Werbeplattformen kann man mir auch direkt Nachrichten schreiben. Über meine Social Media Kanäle Twitter, Instagram oder Facebook ist eine Kontaktaufnahme bezüglich eines Termins nicht erwünscht.

Wie ich mir eine zielführende Kontaktaufnahme wünsche, habe ich hier einmal formuliert: Die 5-W-Regel zur Kontaktaufnahme

Ihr habt mich also wissen lassen, woran ihr Interesse habt, wann es euch am besten passt, wie lange die Session dauern soll und wenn ihr meine Homepage schon aufmerksam durchforstet habt, seid ihr auch auf meinen Session-Fragebogen gestoßen und habt ihn mir auch direkt ausgefüllt zugesandt. Perfekt!

Ich gehe dann auf euer Anliegen ein, stelle und beantworte vielleicht ein paar Fragen und wenn wir uns auf einen möglichen Termin geeinigt haben, kommen zwei meiner persönlichen Voraussetzungen ins Spiel:

  • Anzahlung
    Bei ersten Terminen mit neuen Besucher*innen, ist eine Anzahlung Voraussetzung. Warum das so ist, wie hoch diese sein soll, wie man sie leisten kann und unter welchen Voraussetzungen ich sie zurückerstatte, habe ich hier einmal ausführlich dargelegt: Anzahlung?
  • Schnelltest
    Ich weiß, für viele Menschen ist die Pandemie praktisch vorbei. Für mich ist sie das nicht, denn ich habe eine Autoimmunerkrankung und Risikopersonen im Umfeld. Bisher habe ich es vermeiden können, mir diesen lästigen Virus aufzusammeln, und es wäre schön, wenn das noch eine Weile so bleiben würde. Für einen Termin bei mir ist deswegen ein tagesaktueller Schnelltest notwendig. Diesen kann man entweder in einem offiziellen Schnelltestzentrum (Testzentren in Hamburg und Köln) machen lassen, und mir das Ergebnis mitbringen. Alternativ biete ich auch an, ohne Aufpreis vor einer Session den Test im Studio durchzuführen. An einem Schnelltest führt kein Weg vorbei, wenn man mit mir einen Termin möchte.

Ihr seid mit diesen Voraussetzungen und meinem Honorar, welches ihr hier findet – Honorar – für die gewünschte Zeit einverstanden und habt mir mitgeteilt, auf welche Weise Ihr die Anzahlung machen möchtet. Ausgezeichnet!

Ich halte also den Termin mit Dauer und Uhrzeit fest, und blockiere ihn in meinem und dem Kalender des jeweiligen Studios, damit ich ihn nicht versehentlich doppelt vergebe, oder plötzlich keinen freien Raum mehr im Studio bekomme, weil andere Kolleg*innen schneller reserviert haben. Dann warte ich auf die Anzahlung. Kommt sie nicht wie vereinbart, verwerfe ich den Termin ab einem bestimmten Zeitpunkt und gebe ihn in den Kalendern wieder frei. Kommt sie wie abgesprochen, geht es wie folgt weiter:

Termin im Studio

Die Anzahlung hat reibungslos geklappt, ihr habt die Wegbeschreibung zum jeweiligen Studio bekommen und auch mit einberechnet, dass ihr etwas früher zum Termin erscheinen sollt, wie ich es euch erklärt habe. Ihr klingelt also etwas aufgeregt, ich öffne die Tür, begrüße euch und lasse euch hinein. Es kann hin und wieder, wenn auch selten, vorkommen, dass euch eine Kollegin die Tür öffnet, falls ich mich gerade noch frischmache oder ihr doch etwas früher da seid als abgesprochen. Idealerweise kommt ihr immer genau so, wie wir es vorab besprochen haben, damit das nicht der Fall ist.

Unabhängig davon, wer euch die Tür aufmacht: Ihr sagt wer ihr seid und mit wem ihr einen Termin vereinbart habt. Dann werdet ihr hereingebeten und zu dem jeweiligen Bereich des Studios geleitet, der für Vorgespräche vorgesehen ist.

  • Schnelltest
    Habt ihr ein negatives und tagesaktuelles Schnelltestergebnis mitgebracht, zeigt ihr mir das jetzt.
    Dann biete ich euch Wasser, Kaffee oder Cola an, und setze mich zum Vorgespräch zu euch.
    Haben wir uns darauf geeinigt, dass ich den Schnelltest im Studio mache, wird es jetzt kurz unangenehm, während ich gefühlt an eurem Hirn durch die Nase rumpokel. Ich biete euch nach dem Test zwar ebenfalls ein Getränk an, und setze mich zum Vorgespräch zu euch, die Maske solltet ihr aber erst dann wieder absetzen, wenn das Testergebnis da ist. Da das im Schnitt um die 15 Minuten dauert, habe ich es mir zur Gewohnheit gemacht, bereits während der Wartezeit auf das Ergebnis, mit dem Vorgespräch zu beginnen.
  • Vorgespräch
    Auch wenn wir uns schon im Vorfeld darüber unterhalten haben, was ihr euch wünscht und erleben wollt, so verzichte ich insbesondere bei ersten Terminen nicht auf ein Vorgespräch. Bei mir bereits bekannten Gästen kann ich davon absehen, wenn diese das so wünschen. Mit Stammgästen plaudere ich einfach mal ein paar Minuten, bevor es losgeht. Im Vorgespräch unterhalten wir uns noch einmal über die geplante Session, eure und meine Tabus, und vielleicht habt ihr noch Anmerkungen oder Fragen. Bei erfahrenen Menschen, die ein Spiel ab Tür vorziehen, wird bereits vor dem Termin im Studio alles ausführlich besprochen, aber für Personen, die zum ersten Mal eine Session mit einer Domina erleben, empfehle ich persönlich das nicht. Wenn ihr während des Vorgesprächs feststellt, dass ihr doch von einer Session absehen möchtet oder bemerkt, dass die Chemie für euch gar nicht stimmt, dann könnt (und solltet) ihr jetzt sagen, dass da so ist. Solange wir noch nicht mit der Session begonnen haben, habt ihr zu diesem Zeitpunkt allenfalls eure Anzahlung verloren, aber noch nicht den Rest des Honorars.

    Mir ist es weitaus lieber, wenn man offen sagt „Ich glaube das passt nicht“ als wenn man frustriert aus einer Session rausgeht. Manchmal sind vielleicht auch Kolleginnen im Studio, die gerade noch einen freien Timeslot haben, und die man ggf. fragen kann, ob sie Zeit für das von euch gewünschte haben. Ich habe durchaus schon Kolleginnen gefragt, ob sie noch einen Termin frei haben und das hat dann mit dem Gast, der ursprünglich zu mir wollte, viel besser gepasst. Am Ende wollen wir nicht nur Geld verdienen, sondern auch, dass Menschen mit einem guten Gefühl wieder aus dem Studio gehen.

    → Bitte beachtet, dass ich das so handhabe. Es ist durchaus möglich, dass andere Kolleg*innen trotzdem das volle Honorar von euch erwarten, weil sie einen bestimmten Zeitraum blockiert haben! ←

    Manchmal gibt es Menschen, die so viel Gesprächsbedarf haben, dass ich sie während des Vorgesprächs etwas bremsen und ihnen mitteilen muss, dass ich mich gerne mit ihnen weiter unterhalten werde, das dann aber in die Sessionzeit übergeht. Ich plane grundsätzlich mindestens 15 – 20 Minuten für Vorgespräch, Test und Dusche vor der Session ein. Wenn sich abzeichnet, dass da jemand eine Dreiviertelstunde reden und danach noch die vereinbarte Sessionzeit haben möchte, muss ich das etwas zurechtrücken. Wir werden nach Zeit bezahlt, und selbstverständlich investieren wir mehr Zeit in unsere Gäste als die reine Sessionzeit. Aber das kann man nicht unendlich ausdehnen, denn oft haben wir im Anschluss noch andere Termine und können nicht einfach den Beginn der Session nach hinten verschieben.
  • Dusche
    Haben wir das Vorgespräch beendet und sind uns einig, dass wir die Session miteinander durchführen möchten, dann ist es üblich für unsere Besucher*innen, dass sie vor einer Session duschen. Ausnahme davon sind bei mir Stammgäste, von denen ich aus Erfahrung weiß, dass sie geduscht bei mir erscheinen, und wenn es in der Session um ausgiebige anale Spielereien geht. Bei letzterem wird erst einmal ordentlich (via Einlauf oder Klistier) gereinigt, danach geduscht, und dann geht’s los.

Die Session

Die vereinbarte Sessionzeit läuft bei mir ab dem Zeitpunkt, an dem wir gemeinsam den Spielraum betreten, respektive an dem ich meine Besucher*innen aus der Dusche hole. Einzige Ausnahme sind die oben kurz erwähnten „Spiele ab Tür“ oder wenn der Gesprächsbedarf (wie beim Punkt Vorgespräche erwähnt) sehr hoch ist.

Was man so alles in einer Session miteinander machen kann, führe ich hier nicht einzeln auf. Da würde ich einen Roman schreiben müssen. Wichtig ist, dass wir das machen, was wir abgesprochen haben, und es auch möglich ist, während der Session nach Dingen zu fragen, die man jetzt spontan auch ausprobieren möchte. Biete ich es an, habe das entsprechende Spielzeug vor Ort und die Zeit gibt es auch her, dann bin ich gerne bereit, spontane Ideen umzusetzen. Es ist auch jederzeit möglich, zu sagen, dass sich das, was man sich so toll in der Phantasie vorgestellt hat und unbedingt ausprobieren wollte, jetzt doch lieber nicht mehr möchte, weil es sich einfach doof anfühlt oder langweilig ist.

Kommunikation während einer Session ist durchaus sinnvoll und erwünscht, wenn es euch etwas mehr Sicherheit gibt.

Nach der Session

Haben wir unsere Session zum Abschluss gebracht, nehme ich mir noch etwas Zeit mit euch, biete nochmal etwas zu trinken an, frage wie es euch geht, ob ihr etwas braucht und warte ein paar Minuten mit euch, dass ihr wieder „runtergekommen“ seid, bevor ich euch noch einmal zu Dusche bringe. Das ist optional, nicht alle Gäste möchten nach einer Session duschen bevor sie sich wieder anziehen, sondern lieber erst Zuhause. Ob ihr nun noch einmal duschen möchtet oder nicht, ihr werdet euch wieder anziehen und etwas frisch machen. Bevor ich euch danach zur Tür geleite und verabschiede, frage ich noch einmal nach, ob ihr Bedarf an einem Nachgespräch habt. Ich plane grundsätzlich zwischen zwei Sessions ausreichend Zeit ein, damit ich nicht nur den Raum nach Benutzung reinigen kann, sondern auch für ca. 10 Minuten Nachgespräch, in dem ihr mir sowohl das sagen könnt, was ihr toll fandet, als auch Kritik anbringen, wenn euch etwas nicht so gefallen hat. Spontan aufgetauchte Fragen könnt ihr natürlich auch stellen. Nicht alle Menschen möchten so ein Nachgespräch in Anspruch nehmen und viele müssen auch erst einmal alles etwas sacken lassen. Gerne kann man mir auch noch nach ein, zwei Tagen eine Mail mit Feedback schreiben, oder einen Eintrag in meinem Gästebuch hinterlassen.

Looning

Was ist denn Looning überhaupt?

Der Begriff wird vom englischen Begriff „Balloon“ für Ballon abgeleitet. Dabei ist Looning die Praktik und die Fans dieser Praktik bezeichnet man als Looner*innen.

Unter den Looner*innen gibt es sogenannte „Popper“ (von engl. „to pop“, also platzen lassen), die es darauf anlegen, dass Ballons auch im Rahmen eines Spiels, mindestens aber zum Abschluss zerplatzen, die „Non-Popper,“ die so gar nicht möchten, dass die schönen bunten Ballons kaputt gehen, und „Semi-Popper“, bei denen es sehr stimmungsabhängig ist, ob sie die Ballons zerstören wollen oder nicht.

Allen gemeinsam ist die Faszination für Ballons oder sogenannte „Inflatables“, also andere aufblasbare Dinge wie Schwimmtiere, Matratzen, Ringe und ähnliches. Die Haptik, der Anblick, der Geruch und die Geräusche machen viele Looner*innen einfach an. Und natürlich auch, was man mit den quietschenden Dingern so alles anstellen kann.

Das beginnt mit dem (gemeinsamen) Aufblasen der bunten Gummiteile und setzt sich fort im Streicheln, sich gegenseitig Zuwerfen, aber auch über den Körper streifen, damit kuscheln, sie quetschen, sich an ihnen reiben und einiges mehr. Manche Looner*innen haben nur im eigenen Kämmerlein Spaß mit den Ballons, andere wünschen sich sehr, diese erotische Vorliebe mit einer anderen Person ausleben zu können.

Popper haben noch dazu auch diverse unterschiedliche Arten, wie sie die Ballons gerne zum Platzen bringen lassen. Durch Aufblasen (blow to pop), durch Reiten (ride to pop), Drauftreten (step to pop), durch Zigaretten (cig to pop), mit langen oder spitzen Fingernägeln (nail to pop) usw.

Manche möchten auch einfach die Ballons am Schluss zwischen ihrem und dem Körper des Ballonpartners respektive der Partnerin zerquetschen und zum Platzen bringen.

Looning ist eine sehr spannende Spielart, und auch wenn man selber dahingehen keinen Fetisch hat, macht das Spiel mit den bunten Ballons auch einfach Spaß! Probiert es doch selbst mal aus.

Bei mir findet Ihr auch eine Looning-Galerie und sogar zwei kleine Looning-Videoclips.

Freiwilligkeit in der Sexarbeit erkennen – geht das überhaupt?

In regelmäßigen Abständen ist es Thema in Diskussionen und ich werde, wie viele meiner Kolleg*innen, oft gefragt, ob und wie man erkennen kann, dass ein*e Sexarbeiter*in ihren Beruf freiwillig und ohne Not ausübt.

Potentiellen Kund*innen und Nicht-Sexarbeitenden muss ich sagen:

Ihr könnt das nicht. Zumindest nicht zu 100%.

Nicht mal wir als Kolleg*innen können das bei allen Sexarbeitenden mit Sicherheit sagen, mit denen wir in Kontakt kommen. Deswegen sind das hier nur meine persönlichen Ansichten dazu, und diejenigen von anderen erfahrenen Kolleg*innen können durchaus davon abweichen. Behaltet das bitte im Hinterkopf. Auch wir sind uns nicht immer einig.

Es gibt aber einige Punkte, die darauf hinweisen, dass es sich eben nicht um Zwangsprostitution handelt. Aber erst mal ein bisschen was anderes vorneweg:

Ohne Not?

Die Formulierung „ohne Not“ ist schwierig. „Not“ kann eben auch bedeuten, dass man überraschend eine große Rechnung bezahlen oder eine Anschaffung tätigen muss, gerade den Job verloren hat und das Arbeitslosengeld nicht ausreicht (oder man gar keinen Anspruch darauf hat) oder ähnliches. Dann versuchen einige Menschen, das fehlende Geld mit Sexarbeit zu beschaffen. Zwar ohne Zwang durch Dritte und als bewusst getroffene Entscheidung, aber wenn es nicht gerade finanziell prekär wäre, würden sie sich vielleicht für einen anderen Weg entscheiden. Diesen Menschen würde es allerdings dann nicht sonderlich helfen, wenn man sie nicht bucht, weil man nicht unterstützen möchte, dass Menschen auch nur ansatzweise aus „Not“ der Sexarbeit nachgehen, denn sie brauchen ja das Geld.

Die wenigsten Sexarbeiter*innen würden ihren Job fulltime ausüben, wenn sie auf das dadurch erzielte Einkommen verzichten könnten. Es ist wie mit allen anderen Berufen auch – wir müssen arbeiten, um unseren Lebensunterhalt zu verdienen, unsere Miete und Lebensmittel bezahlen zu können. Das ist ein Sachzwang, dem die wenigsten von uns nicht unterliegen. Wie freiwillig Lohnarbeit insgesamt ist, das ist aber eine andere Diskussion und Frage, die nicht nur im Kontext mit der Sexarbeit behandelt werden sollte.

Armutsprostitution und Beschaffungsprostitution

Auch sogenannte Armutsprostitution wird als Not empfunden. Und da trifft das vermutlich auch überwiegend zu. Wer kurz davor steht, auf der Straße zu landen oder bereits wohnungslos ist, wer jeden Tag ums Überleben kämpft und die besten (schnellsten) Chancen, Geld zu verdienen, in der Sexarbeit sieht, der geht nicht wirklich dem nach, was wir im Allgemeinen unter selbstbestimmter und freiwilliger Sexarbeit verstehen möchten, auch wenn kein Zwang durch Dritte besteht. Die Möglichkeiten, Grenzen zu setzen und das Angebot selbst zu bestimmen, sind eingeschränkt, wenn man wirklich auf jeden Cent angewiesen ist. Dasselbe gilt auch für Personen, die der Sexarbeit nur nachgehen, um ihren Drogenkonsum zu finanzieren. Nichtsdestotrotz sind diese Personen nicht alle unmündig oder wollen „gerettet“ werden. Armut und eine Abhängigkeit von Drogen machen Menschen nicht grundsätzlich zu willenlosen Puppen. Jetzt hinzugehen und zu sagen „Die müssen zwangsgerettet werden! Wer die bezahlt, unterstützt das System, das müssen wir vernichten!“ ist nicht zielführend. Diese Menschen brauchen das Geld. So lange, bis es für sie eine andere Alternative gibt. Es hilft ihnen situativ nicht, ihnen die Möglichkeit wegzunehmen, das dringend benötigte Geld zu verdienen. Was helfen würde, wäre eine sichere Alternative, eine (gewollte) Therapie, finanzielle Unterstützung usw. Kein Verbot und der Entzug der letzten Möglichkeit, Geld zu verdienen, statt mit kriminellen Handlungen an Geld kommen zu müssen.

Edler Anschein und doch Zwang?

„Bei High Class Escorts kann man sich ja sicher sein, dass die das selbstbestimmt machen, oder?“

Dieser Satz begleitet die Frage, wie man erkennen kann, dass jemand freiwillig in der Sexarbeit arbeitet, sehr regelmäßig. Kurz und schmerzlos: Nein.
Man kann sich nicht grundsätzlich sicher sein, dass Escorts, die einen sehr hohen Preis aufrufen und nur in teuersten Hotels zu treffen sind, es auch zu 100% von sich aus und ohne Nachdruck von Dritten oder finanzielle Nöte machen. Niemand ist davor gefeit, sich zu verlieben zum Beispiel. Und wenn man sich dummerweise in einen sogenannten „Loverboy“ (ich nutze die Formulierung jetzt mal für alle Geschlechter) verliebt und dieser einem geschickt weis macht, dass ein luxuriöses Edel-Escort-Leben doch genau das Richtige ist, und außerdem fehlt es gerade an Geld, die Pflegeheimkosten der Oma, er hat gerade den Job verloren, es würde doch schon sehr helfen und das ist ja nichts verwerfliches, man steht ja nicht auf der Straße, und war Pretty Woman nicht ein total süßer Film? …

Na, ich glaube ihr wisst, worauf ich hinaus will.

Und auch bei sogenannten „High Class Escorts“ kann es mal zu finanziellen Engpässen kommen. Sie können eigentlich mit dem Job längst aufgehört haben wollen und machen ihn weiter, weil sie schlicht die Kohle gerade brauchen. Insbesondere, wenn sie sich an einen bestimmten Lifestyle gewöhnt haben. Auch im BDSM-Bereich kann so etwas übrigens vorkommen. Manche Kolleg*innen haben etliche berufliche Alternativen zum Domina/Dominus-Dasein. Andere nicht wirklich viele. Es ist also nicht automatisch so, dass ein*e Straßensexarbeiter*in es immer unfreiwillig macht, und „Edel-Escorts“ immer selbstbestimmt. Klar, die Wahrscheinlichkeit ist vermutlich etwas höher, aber auch hier gibt es keine 100%.

Nachdem wir das nun geklärt haben, zurück zur Frage des „wie“? Also wie kann man wenigstens so zuverlässig wie möglich erkennen, dass hier kein Zuhälter dahinter steckt und die Person ihren Job selbstbestimmt und aus freien Stücken ausübt?

Wie kann ich Freiwilligkeit erkennen?

Informiert Euch darüber, mit wem ihr es zu tun haben möchtet. Je anonymer Sexarbeitende werben, je weniger über sie und von ihnen zu finden ist (und damit meine ich nicht private Details!), desto schwieriger ist es, zu sagen, ob es jemand freiwillig macht. Nicht falsch verstehen – ich will damit keineswegs sagen, dass der anonyme und preiswerte Quickie mit einer netten Person vom Autostrich nie freiwillig ist! Nirgendwo anders behalten Sexarbeitende mehr von dem erarbeiteten Geld, als wenn sie selbstbestimmt auf der Straße arbeiten. Aber ihr wisst noch weniger über die Person, als wenn ihr es mit jemandem zu tun habt, der sich etwas sichtbarer präsentiert.

Ein paar Dinge, die darauf hinweisen, dass die Person es von sich aus macht:

Aktivismus

Sie/er ist aktivistisch tätig. Japp. Wer für bessere Arbeitsbedingungen für Sexarbeitende kämpft, wer sich mit anderen Sexworkern vernetzt und sich mit Sexarbeits-Gegner*innen öffentlich auseinandersetzt, der oder die wird das nicht deswegen tun, weil sie gerade Opfer von Menschenhandel ist und einen Pimp im Nacken hat. Das bedeutet nicht, dass sie das nie gewesen sein kann, das bitte nicht denken. Ich kenne auch Kolleg*innen, die über einen sog. „Loverboy“ zu dem Job kamen, sich irgendwann emanzipiert und befreit haben, und nun nur noch für sich selbst und nach den eigenen Regeln arbeiten.

Zuhälter*innen finden es gar nicht so toll, wenn die Sexarbeitenden sich vernetzen und gegenseitig stärken. Isolation ist das beste Werkzeug für Menschenhändler*innen.
Wer aktivistisch tätig ist und versucht, Lobbyarbeit zu betreiben, weiß in der Regel auch gut über die eigenen Rechte Bescheid, kennt Anlaufstellen, wenn Hilfe benötigt wird usw. Auch nichts, was der „freundliche“ Zuhälter von nebenan gerne sieht. Die Sexworker-Community ist der größte Feind von Menschenhändler*innen und Zuhälter*innen in meinen Augen.

(Und offensichtlich auch von Sexarbeitsgegner*innen, aber aus anderen Gründen.)

Ein sichtbarer Hinweis für Vernetzung auf einer Homepage wäre übrigens sowas hier:

Ich empfehle an dieser Stelle mal allen Kolleg*innen, die irgendwie zeigen möchten, dass sie selbstbestimmt arbeiten und sich vernetzt haben, eine Mitgliedschaft im BesD e.V. und diesen Hinweis auf ihrer Homepage. Das ist auch kostenfrei möglich, wenn es gerade knapp in der Kasse ist. Hier geht es zur Anmeldung: Berufsverband Sexarbeit – Mitglied werden

Homepage und Blog

Die Wahrscheinlichkeit, dass ein*e Zwangsprostituierte*r eine eigene Homepage regelmäßig pflegt, ein ordentliches Impressum hat und immer wieder Texte über verschiedene Themen im Kontext des eigenen Berufes bloggt, die ist eher gering. Wer zur Prostitution gezwungen wird, soll Geld heranschaffen, nicht „unnützes Zeug“ schreiben, oder in irgendeiner Form „Kundenbindung“ über das eigentliche Angebot heraus betreiben. Ja, das könnte theoretisch alles auch von Zuhälter*innen gemacht werden. Aber denen geht es in der Regel um das schnelle Geld, welches sie den Prostituierten abnehmen, nicht darum, dass sie selber viel Zeit in Arbeit investieren. Ich halte es nicht für wahrscheinlich, dass die dann eine sehr individuelle Homepage mit Texten, die nicht copy and paste sind, pflegen würden.

Auch sogenannten „Armutsprostituierten“, also Menschen, die zwar nicht von Dritten zu dem Job gezwungen werden, aber nur deswegen der Prostitution nachgehen, weil sie sonst fast verhungern, unterstelle ich jetzt mal, dass für eine Homepage, regelmäßige Updates, Angebote und Blogtexte ganz sicher keine Zeit bleibt.

Social Media

Dasselbe gilt für Social-Media-Accounts. Natürlich könnten diese auch von Zuhälter*innen geführt werden. Aber wenn man Sexarbeitenden eine Weile folgt, sieht man doch schon, ob sie mit anderen Sexarbeiter*innen interagieren, auch mal andere Dinge schreiben als direkte Werbung, ob sie aktivistisch tätig sind, einer Sexworker-Organisation angehören usw.

Bedeutet dass, das Sexarbeiter*innen, die weder eine Homepage noch Social Media Accounts haben, automatisch Zwangsprostituierte sind? Nein! Aber die Frage war ja auch nicht „Wie erkenne ich Zwangsprostitution?“, sondern „Wie erkenne ich, ob es jemand freiwillig macht?“ und da sind diese Dinge schon ganz gute Hinweise.

Anzeichen

Nun möchte aber jemand bei einem spontanen Besuch im Laufhaus eine Dienstleistung in Anspruch nehmen. Man weiß also vorher nichts über die Person, möchte aber vermeiden, dass man eine Zwangslage ausnutzt. Wie bei allen anderen Fällen hat man auch hier nie eine 100% Sicherheit. Aber es gibt verschiedene Dinge, die darauf hinweisen, dass nicht alles mit rechten Dingen zugeht. Unter anderem können das folgende Anzeichen sein. Ich schreibe bewusst „können“ und ihr werdet gleich lesen wieso. Das ist nämlich alles gar nicht immer so deutlich auseinanderzuhalten:

Verängstigung und Desorientierung
Erschöpfung und Übermüdung

→ Das kann auch komplett andere Gründe haben, aber wenn man es mit völlig erschöpft, desorientiert oder verängstigt wirkenden Personen zu tun hat, stimmt auf die eine oder andere Weise etwas nicht. Dann sieht man davon ab, „durchzuziehen“, was man vorhatte. Wenn man wirklich gut drauf ist, lässt man der Person aber zumindest einen Teil des Geldes da. Sie wird froh sein, dass sie Einkommen hat, ohne noch erschöpfter zu werden.

Erfüllung aller Wünsche, ohne zu verhandeln

→ Wirklich alle Sexarbeitenden die ich kenne, haben Grenzen und bieten nicht alles an. Wenn absolut nichts abgelehnt wird, ist das schlicht und ergreifend nicht die Regel und ein Alarmzeichen in meinen Augen. Wobei auch da nicht zwangsläufig Zwang durch Dritte dahinter stecken muss. Es gibt auch psychische Baustellen, die sich in selbst-destruktivem Verhalten äußern. Oder man hat es wirklich mit einem absoluten Einzelfall zu tun. Daran glaube ich persönlich allerdings nicht so recht.

Verschlossene Räume
Überwachung
Überbringung durch Dritte

→ Ich glaube, das ist schon ein sehr deutliches Zeichen. Wenn Sexarbeitende buchstäblich „weggeschlossen“ sind, von Dritten überwacht oder gar zur Kundschaft gebracht werden, ist Rückzug angesagt. Da würde ich persönlich meinen Arsch drauf verwetten, dass Freiwilligkeit das Letzte ist, was die Personen zur Sexarbeit treibt.

Spuren von Misshandlung

→ Schwierig. Man kann nie genau wissen, ob jemand wirklich misshandelt wurde, und wenn ja, ob es überhaupt mit einem Zwang zur Prostitution zu tun hat, oder ob jemand sich blaue Flecken und Kratzer beim Sport oder bei einem Unfall geholt hat. Aber Fakt ist – sogar selbst bestimmte passive Kolleg*innen im BDSM-Bereich versuchen Spuren zu vermeiden, weil es potentielle nächste Kund*innen abschrecken könnte. Der oder die Sexarbeiter*in möchte also bestimmt nicht gerne so vor Euch stehen.

Anschein von Minderjährigkeit

→ Es gibt auch minderjährige Prostituierte, die den Job ohne Zwang durch dritte Personen angefangen haben. Es ist aber schlicht nicht erlaubt. Punkt. Egal ob durch Zwang oder nicht – Finger davon lassen, wenn ihr Euch nicht strafbar machen wollt.

Abgabe der Einnahmen an Dritte

→ Wenn ihr mitbekommt, dass der oder die Dienstleister*in ihre Kohle an eine dritte Person abgibt, ja, dann kann das schon ein guter Hinweis darauf sein, dass da ein*e Zuhälter*in im Spiel ist. Auf der anderen Seite könnte es auch einfach der Freund sein, der die Kohle sicher aufbewahrt, bis Feierabend ist, weil die Sexarbeitende Angst davor hat, ausgenommen zu werden. Ich glaube da kommt es darauf an, wie das Geld übergeben wird. Mit kurzem Küsschen und Lächeln? Vermutlich der Freund dem man vertraut. Unwillig und zögerlich, oder mit ablehnendem Gesichtsausdruck? Eher wahrscheinlich, dass es sich dabei um den Zuhälter handelt. Sicher ist aber auch das nicht.

Unkenntnis von Rechten und Pflichten als selbstständig Tätige
Mangelndes Wissen über Gesundheitsschutz

→ Beides ist öfter der Fall als man denkt, sehr oft bei Personen, die die deutsche Sprache noch nicht so gut beherrschen, und es ist auch bei freiwilligen Sexarbeiter*innen keine Seltenheit. Kann es ein Zeichen für Zwangsprostitution sein? Ja. Aber es ist kein eindeutiges Zeichen. Manche Menschen denken sich einfach, dass sie damit schnell und unkompliziert Geld verdienen können, fangen an und informieren sich nicht weiter.

Man sieht also, es ist nicht einfach zu erkennen, ob ein Mensch zur Prostitution gezwungen wird. Ich rate deswegen dazu, nach Anzeichen der Freiwilligkeit und nicht nach welchen von (vermeintlichem) Zwang zu suchen. Von der Idee, dass man doch im persönlichen Gespräch schon herausfinden würde, ob jemand gezwungen wird, von der solltet ihr Euch aber verabschieden. Manche Menschen wissen (noch) nicht, dass sie es eigentlich mit einem Loverboy und nicht dem liebenden, aber leider in finanzielle Nöte geratenen Partner zu tun haben. Und Personen, die wirklich gezwungen werden und Angst vor dem oder der Zuhälter*in haben, werden alles daran setzen, dass ihr es nicht bemerkt.

Noch abschließend eine Anmerkung: Auch wenn ihr beinahe zu 100% sicher seid, dass ihr über einen Fall von Menschenhandel gestolpert seid, rennt nicht blind und ohne nachzudenken zur Polizei! Ihr wisst nichts über die Person. Wisst nicht, ob sie damit rechnen muss verfolgt und bedroht oder gar verletzt oder getötet zu werden, wenn jemand die Polizei heran ruft. Ihr wisst auch nicht, ob die Person vielleicht gar nicht legal in Deutschland ist, eventuell abgeschoben würde und das um jeden Preis vermeiden möchte.

Leider kann ich da keinen Rat zur richtigen Herangehensweise geben, so gern ich das tun würde. Klar könntet ihr versuchen, die Person darauf anzusprechen. Diskret, unter vier Augen. Fragen, ob sie Hilfe braucht und in welcher Form. Aber rechnet nicht damit, dass ihr mit offenen Armen empfangen werdet. Wer wirklich Angst um sein Leben oder das seiner Familie haben muss, der wird auch Hilfe und einen möglichen Ausweg ablehnen, wenn das ein zu großes Risiko darstellen könnte.

Und an meine fellow Sexarbeits-Kolleg*innen: vernetzt Euch. Werdet Mitglied in Sexarbeiter*innen-Organisationen. Das muss noch nicht mal der BesD sein (auch wenn ich das empfehle 😉 ). Das geht auch anonym. Der Austausch und die Möglichkeiten, Projekte gemeinsam anzugehen, Workshops, Treffen, Stammtische, das sich vor gefährlicher Kundschaft Warnen und sich bei Fragen oder Problemen ohne Scham an Kolleg*innen wenden können – das ist unbezahlbar, stärkend und wichtig!

Und nebenbei könnt ihr, wenn ihr das denn möchtet, neuer Kundschaft auch noch damit zeigen, dass sie bei Euch keine Sorgen haben müssen, dass ihr für Zuhälter*innen arbeitet, nicht für Euch. Je mehr Sexarbeitende sich zusammenschließen, desto weniger Macht haben Menschenhändler und Zuhälter über sie.

Macht Sexarbeit krank?

Diese Frage hat eine Kollegin jüngst in einem Forum für Sexarbeitende und deren Kund*innen gestellt. Ich habe darauf geantwortet, mir überlegt einen Blogbeitrag dazu zu schreiben, und es dann erst einmal unfertig zur Seite gelegt. Das hat noch etwas Zeit, und ist ein Thema, welches schließlich immer wieder um die Ecke kommt und nicht davon läuft. Alternativ noch mit der Variante „Nur psychisch kranke Personen entscheiden sich für die Prostitution!“

Leere Hülle? Mental kaputt? Psychisch krank?

Nun öffne ich heute Morgen nichts ahnend meinen Twitter und mir begegnet auf meine Aussage in einem Thread, dass Freier keine Mörder sind, folgender Kommentar einer älteren Dame aus Bayern, die offensichtlich eine ganze Menge Meinung hat, die sie nachts um zwei loswerden muss. Ein Schelm, wer dabei an senile Bettflucht denkt:

„Seelenmörder, zurück bleibt die Hülle, sozusagen mental kaputt. Mir ist schleierhaft dass Männern eingeredet wird den Trieb nicht kontrollieren zu können und unbedingt ein Gefäß dazu herhalten muss, sozusagen Frau wird zum Gefäß degradiert, das ist unter aller Menschenwürde“

DAS möchte ich dann doch nicht einfach noch lange so stehen lassen. Nicht nur ist das eine unglaublich dreiste, beleidigende und abwertende Aussage, sie ist auch falsch. Da es mit dem eigentlichen Thema dieses Blogbeitrags nur peripher zu tun hat, lediglich dies:

  • Männer können durchaus „ihren Trieb kontrollieren“ und haben keinen Anspruch auf Sexualität mit einem anderen Menschen. Das ist ein Fakt. Niemand hat diesen Anspruch.
  • Nicht alle Sexarbeitenden sind weiblich.
  • Nicht alle Kund*innen sind männlich.
  • Nicht alle sexuellen Handlungen beinhalten Penetration.
  • Wer hier jemanden zu einem Gegenstand degradiert, ist die Person, die das geschrieben hat.

Aber zurück zu der Frage, ob Sexarbeit krank macht. Ich würde vermutlich die Frage umformulieren in „Kann Sexarbeit krank machen?“ und darauf ist meine persönliche Antwort – Ja. So wie jeder Beruf, in dem sich Menschen sehr intensiv mit dem Gegenüber auseinandersetzen müssen. Wenn man sich ansieht, in welchen Jobs Burn-Out, psychische Erkrankungen etc. am meisten verbreitet sind, dann sind es doch (neben Berufen, in denen die Menschen einfach aufgrund der schieren Arbeitslast und des Drucks einknicken) am häufigsten Berufe, die „nah am Menschen“, also mit hoher sozialer Interaktion sind.

Statista schreibt zum Beispiel zu Burn Out:

„Zusammen mit Berufen in der Haus- und Familienpflege sowie in der Altenpflege gehören die Sozialpädagogen zum wiederholten Male zu den Burn-out anfälligsten Berufsgruppen. Im Jahr 2019 entfielen die meisten Burn-out-Krankheitstage auf Berufe in der Sozialarbeit und Sozialpädagogik. “ ¹

¹ https://de.statista.com/statistik/daten/studie/239672/umfrage/berufsgruppen-mit-den-meisten-fehltagen-durch-burn-out-erkrankungen/

Die Kollegin, die die Frage in den Raum gestellt hat, wunderte sich, warum es so wenige echte Freundschaften oder eine gute Kollegialität in der Sexarbeitsbranche gäbe. Sie glaube manchmal, dass es sich um eine pathologische Beziehungsproblematik handle, weil eventuell vermehrt Menschen, die nicht beziehungsfähig sind, in der Sexarbeit „stranden“, respektive sie in Anspruch nehmen.

Ich kann persönlich nicht unterschreiben, dass es keine echten Freundschaften oder sogar keine Kollegialität in unserer Branche gibt. Aber Menschen machen unterschiedliche Erfahrungen, und deswegen spreche ich ihr keineswegs ab, dass sie es so erlebt hat. Sowohl in den Studios, in denen ich als Domina gearbeitet habe, als auch auf Stammtischen, bei denen sich völlig unterschiedliche Sexarbeiter*innen mit ebenfalls sehr unterschiedlichen Arbeitsrealitäten begegnen und auch im Berufsverband von und für Sexarbeitende, in dem ich ehrenamtlich tätig bin, ist Zusammenhalt besonders wichtig. Wir unterstützen uns nicht nur bei der Arbeit, um ein sog. „Nordisches Modell“ zu verhindern, sondern auch, wenn wir ganz normale Probleme oder Fragen bezüglich der jeweiligen Arbeit, aber auch zu privaten Dingen haben.

Es „menschelt“ in allen Branchen.

Zusammenhalt und gemeinsames an einem Strang ziehen, das scheint nicht nur mir immer wichtiger und erstrebenswerter. Wie überall, wenn Menschen zusammen kommen, „menschelt“ es allerdings auch in unserer Branche. Wir haben super liebe Kolleg*innen, die einem in der Puffküche heiße Brühe einflößen, wenn man einen Schnupfen hat, sich Liebeskummer und andere kleine und große Problemchen im Alltag anhören, mit einem über anstrengende Kunden diskutieren usw. Und dann gibt es Kolleg*innen, die aus unterschiedlichen Gründen weglaufen würden, wenn eine Kollegin heulend am Straßenrand sitzt. Menschen bleiben Menschen, unabhängig vom Beruf.

Nicht zu vergessen, dass viele Personen ihren Beruf und ihr Privatleben strikt trennen. Gerade wenn ihr persönliches Umfeld nichts von ihrer Tätigkeit weiß, versuchen sie auch alles, was mit der Sexarbeit zu tun hat, weit davon weg zu halten. Selbst wenn sie ihre Kolleg*innen mögen und gerne mit ihnen auf der Arbeit plaudern, sobald sie die Tür des Bordells, Studios, Massagesalons etc. hinter sich geschlossen haben, möchten manche Menschen einfach ihren Job für den Tag hinter sich lassen, und entsprechend auch den Kontakt mit den Kolleg*innen. Das ist vollkommen legitim, und in anderen Branchen auch keine Seltenheit. Wir alle haben ein Recht darauf, unseren Beruf und unser Privatleben voneinander getrennt zu halten, und auch wenn ich persönlich private Beziehungen und Freundschaften zu Kolleg*innen pflege und man sich auch mal in der Freizeit trifft und austauscht, so verstehe ich doch, wenn andere Menschen das nicht wollen. Selbstverständlich gibt es auch in unserer Branche wie im Rest unserer Gesellschaft Konkurrenzdenken, sich gegenseitig in die Pfanne hauen, vor Kundschaft oder Kolleg*innen schlecht reden. Es gibt Rassismus, Transfeindlichkeit, Homophobie, Ableismus und so ziemlich alle -ismen, die man sich vorstellen kann eben auch in der Sexarbeit untereinander. Davor darf man nicht die Augen verschließen. Wenn man damit regelmäßig, insbesondere als betroffene Person, konfrontiert wird – das macht mit Sicherheit auch auf Dauer krank.

Beziehungsunfähig oder nur sehr selektiv?

Ich bin absolut sicher, dass Sexarbeitende nicht grundsätzlich weniger beziehungsfähig sind als andere Menschen. Dafür kenne ich zu viele Kolleg*innen, die verheiratet sind, langjährige Partnerschaften, Familien und Kinder haben. Doch die Sexarbeit bringt auch für zwischenmenschliche, private Beziehungen so ihre Schwierigkeiten mit. Stigma ist ein zentraler Faktor und führt dazu, dass manche Menschen ihren Partner*innen, Freund*innen und Familien nicht unbedingt davon erzählen, wie genau sie ihr Geld verdienen. Sind sie geoutet, kann der Umstand, dass sie dieser Arbeit nachgehen, auch dazu führen, dass es früher oder später zu Konflikten innerhalb der Beziehungen kommt. Eifersucht kann sich über die Zeit aufbauen, und auch die Sorge um die Unversehrtheit der Partneri*nnen hat schon so manche Person dazu gebracht, zu versuchen, Sexarbeiter*innen davon zu überzeugen, oder sie gar dazu zu zwingen, dass sie ihren Beruf aufgeben sollen. Eine ganz miese Nummer widerfährt leider nicht selten Kolleg*innen, die offen mit ihrem Beruf umgehen. Es gibt eine bestimmte Sorte Mensch, die „schon immer mal ein Callgirl ausprobieren wollten“. Die sich das Vertrauen der Sexarbeitenden erschleichen und ihnen Verliebtheit oder den Wunsch nach einer Beziehung vorgaukeln. Wenn man sich dann sicher fühlt, kommt der Tritt in die Kniekehlen, nachdem es zum sexuellen Kontakt kam. Ich habe mich schon mit mehr als einer, meist noch recht jungen Kollegin unterhalten, die durch solche Aktionen verletzt worden ist. Diese Verletzungen, der Vertrauensmissbrauch, das kann natürlich auch dazu führen, dass Menschen sehr viel misstrauischer und vorsichtiger werden, wenn es darum geht eine Beziehung einzugehen. Das bedeutet nicht, dass die Personen beziehungsunfähig sind. Aber sie werden einfach sehr viel selektiver bei der Auswahl von potentiellen Partner*innen.

Sicher gibt es auch Personen, für die die Sexarbeit genau deswegen das Richtige ist, weil sie sich aufgrund mangelnder Beziehungsfähigkeit besser von der Kundschaft abgrenzen können. Das würde ich nicht per se ausschließen. Dass das der überwiegende Teil der Kolleg*innen ist, das halte ich allerdings für unwahr.

Was die Beziehungsfähigkeit der Kund*innen angeht, das ist ein Thema für sich, welches ich zu einem anderen Zeitpunkt einmal näher beleuchten werde. Nur so viel – es ist komplex und nicht in ein paar Sätzen abgehandelt, ich halte aber Kundschaft ebenfalls nicht für grundsätzlich beziehungsunfähig.

Sexarbeiter*innen als Therapeut*innen?

Die Kollegin, die die Frage in den Raum gestellt hat, schrieb auch, dass manche Sexarbeiter*innen sich selbst geradezu als Therapeut*innen sähen. Sie fände das albern, denn dann wären Kund*innen ja geradezu Patient*innen.

Das höre und lese ich auch immer wieder. Ich halte das persönlich für schwierig, wenn die Sexarbeitenden nicht tatsächlich eine entsprechende therapeutische Ausbildung haben. Viele Kolleg*innen bilden sich ja mittlerweile im Bereich der Paar- oder Sexualtherapie weiter, andere haben eine entsprechenden Hintergrund. Eine meiner Kolleginnen war im Hauptberuf Psychologin und im Nebenberuf passive „Sklavin“ im BDSM Studio.

Ich vergleiche uns lieber mit guten Freund*innen, die Verständnis und oft eine gute Portion Lebenserfahrung mitbringen. Wir sind Menschen, mit denen man offen und ohne verurteilt zu werden, über vieles sprechen, die eigenen (auch, aber nicht nur sexuellen) Wünsche, aber auch Belastendes aus dem Alltag loswerden kann. Die Betonung liegt dabei aber auf dem „kann“.

Ich halte das nicht selten für eine Grenzüberschreitung, wenn die Kundschaft voraussetzt, dass wir der Abladeplatz für persönliche Schwierigkeiten und Probleme sind, oder versucht, mit uns Traumata aufzuarbeiten. Sexarbeitende sind kein Ersatz für Therapeut*innen, allenfalls Personen, bei denen man sich entspannen und mit denen man auch sprechen kann. Wir müssen die Option haben, uns dafür oder dagegen entscheiden zu können, solche teilweise anstrengenden und Energie zehrenden Gespräche zu führen oder zuzuhören.

Ich hatte schon Sessions, da ist der Kunde in Tränen ausgebrochen und hat sich ¾ der Zeit ausgekotzt. Ich kann damit umgehen, ich biete auch Beratungsgespräche an, und ich ermutige meine Kund*innen auch, mir zu sagen was sie beschäftigt, wenn sie sehr angespannt oder bedrückt wirken. Vorauszusetzen, dass alle Sexarbeitenden das können und vor allem wollen, halte ich jedoch für falsch.

Arbeiten nur (psychisch) kranke Personen in der Sexarbeit?

Weiter im Text der Kollegin:

„In manchen Studien wurde herausgearbeitet, dass es unter Sexarbeitenden im Vergleich zur Gesamtbevölkerung vermehrt Diagnosen wie PTBS, Angststörungen und Depressionen gäbe. Scheinbar korreliert die Frage der psychischen Gesundheit im Sinne einer Stabilität auch mit dem Grad der Freiheit und der Selbstbestimmung, in der sich Sexarbeitende befinden.“

Leider konnte sie mir keine der erwähnten Studien verlinken. Ich höre das bisher immer nur von Gegner*innen unserer Branche und Arbeit, um Sexarbeitende im Diskurs zu entmündigen. Frei nach dem Motto „Na, wenn die nicht traumatisiert oder krank wären, dann hätten sie doch nie diesen Job gewählt!“ oder auch „Sexarbeit ist bezahlte Vergewaltigung, kann gar nicht freiwillig sein, deswegen werden sie alle krank und gestört.“

Tatsächlich aussagekräftige Studien (also mit mehr als zwei Handvoll Personen, deren Daten aufgenommen und verarbeitet wurden) werden dann in der Regel auch nicht präsentiert. Das sind entweder irgendwelche Artikel, Befragungen von einer kleinen Anzahl Sexarbeitenden mit den schwierigsten Arbeitsbedingungen oder schlicht „Studien“, die Organisationen, die für ein Verbot der Sexarbeit sind, in Auftrag gegeben haben. Wie heißt es so schön? Traue keiner Studie/Statistik, die Du nicht selbst gefälscht oder beeinflusst hast. Ich zumindest glaube auch keiner angeblichen Studie so wirklich, die behauptet, dass Batterie-Legehennen keinen Stress haben, wenn diese Studie von einem Geflügelwursthersteller kommt.

Natürlich spreche ich jetzt von der selbst gewählten Sexarbeit. Aus welchen Gründen ein Mensch diesen Beruf wählt, das ist sehr unterschiedlich. Ja, das kann auch schlicht der zur Zeit einfachste Weg sein, an Geld zu kommen, mit dem man den eigenen Lebensunterhalt bestreitet.

Dass Menschen traumatisiert und krank werden, wenn man sie dazu zwingt Dinge, zu tun, die gegen ihre körperliche und sexuelle Selbstbestimmung gehen und die sie nicht machen wollen, das wundert hoffentlich niemanden! Menschenhandel ist Gewalt und Gewalt macht krank.

Ich will auch gar nicht behaupten, dass Sexarbeitende grundsätzlich keine oder sehr wenige psychischen Erkrankungen oder Störungen haben. Das wird auch nicht weniger sein als in anderen Berufsgruppen. Aber ich habe für mich persönlich da eine recht einfache Erklärung – die Sexarbeit ermöglicht uns nach eigenem Ermessen und dann, wenn wir dazu in der Lage sind, zu arbeiten. Wir haben keinen Chef im Nacken, der unbedingt eine AU will, wenn wir einfach nur mal 3 Tage zu Hause bleiben und unsere Ruhe haben wollen oder müssen. Wir müssen uns von unserer Kundschaft nicht alles gefallen lassen, machen unsere eigenen Regeln und passen die Arbeitszeiten auf unseren Alltag an. Wer nachts nicht gut schläft oder grundsätzlich aktiver ist, wird seine Dienstleistung vermutlich dann anbieten. Wer phasenweise zu depressiv ist, um mit Menschen zu sprechen, wird dann mehr arbeiten, wenn es wieder bergauf geht. Wer bisher wenig Möglichkeiten zur Selbstbestimmung hatte, wird sich einen Job suchen, indem man selbst Chef*in ist und die Regeln macht. Manche Menschen passen einfach nicht in klassische Strukturen, bei denen sie um 8:00 Uhr morgens und bis 17:00 Uhr so „funktionieren“ müssen, wie andere es von ihnen erwarten.

Ich selbst habe zum Beispiel eine chronische Schmerzerkrankung, und meine Sexarbeit ermöglicht es mir, meine Arbeitstermine so zu legen, dass ich mich nicht überlaste (was zu einem Schub führen kann), dass ich dann mehr arbeiten kann, wenn es mir verhältnismäßig gut geht, und dann weniger, wenn ich nicht fit bin. Auch wenn wir viele Abgaben haben, und genauso Steuern, Versicherungen usw. bezahlen müssen wie andere Menschen auch, so ist unsere Bezahlung doch deutlich über Mindestlohn. Und das wiederum heißt, dass wir unter Umständen einfach weniger Stunden arbeiten müssen, um dasselbe Einkommen wie eine Angestellte im Büro oder ein Einzelhandelskaufmann zu bekommen. Und wer in unserer Branche 40 oder 50 Stunden in der Woche arbeiten kann und will, hat es auch verdient, die entsprechende Kohle auf dem Konto zu haben.

Auch um eine etwaige Therapie lässt sich unser Beruf herum bauen. Wir müssen niemandem erklären, warum wir jeden Donnerstag schon um 15:00 Uhr Feierabend machen, weil der Therapeut nur dann noch Termine frei hatte. Selbst ein tagesklinischer Aufenthalt würde theoretisch gehen, wenn wir abends noch ein paar Stunden arbeiten wollen oder müssen. Die Freiheit, sich seinen Arbeitsalltag selber zu formen, das ist für viele Menschen mit psychischen/chronischen Erkrankungen einfach ein ganz wichtiger Punkt, der sehr viel Anspannung und Druck aus dem Umstand raus nimmt, dass wir nun mal arbeiten müssen, um Geld zu verdienen.

Krankmachende Freier?

Natürlich kann auch der Umgang der Kundschaft mit Sexarbeiter*innen belastend sein. Das will ich keinesfalls wegwischen! Was sich teilweise in manchen Foren tummelt und zu lesen ist – völlig unabhängig davon, ob es erstunken und erlogen, ausgeschmückt oder im Kern wahr ist – das ist unterirdisch. Das sagt eine Menge darüber aus, wie diese Menschen Sexarbeitende wirklich sehen. Und der Kontakt mit Menschen, die respektlos, abwertend, übergriffig sind und andere Personen als Gegenstände betrachten, der ist auf Dauer sicher nicht gesund! In anderem Kontext und anderer Form, habe ich ähnliches in meinen Jahren im Einzelhandel erlebt. Und da ging es noch nicht mal um eine höchst persönliche Dienstleistung mit und am Körper eines fremden Menschen. Ich kann mich an Abende erinnern, da war ich fertig mit der Welt, nur aufgrund der Art und Weise, wie mich fremde Menschen auf der Arbeit behandelt haben.

Auch die Kundschaft von Sexarbeiter*innen ist nicht selten rassistisch, objektifizierend, betreibt bodyshaming usw. Oft ist ihnen das erst mal gar nicht recht bewusst. Das ist jedoch keine Entschuldigung dafür und kann betroffene Personen sehr belasten.

Was vermutlich auch auf Dauer krank machen kann, weil es einen zermürbt und an sich und dem eigenen Angebot oder gar „Wert“ zweifeln lässt, sind die Personen (ich sage es wie es ist, meistens Männer – von einer Frau oder nicht binären Person bin ich zum Beispiel noch NIE versetzt worden), die nicht zum Termin kommen, die Dates ausmachen, die sie nie wahrnehmen möchten und damit bewusst oder unbewusst unsere Zeit blockieren. Es sind die Typen, die sich regelmäßig kostenfreie Wi***vorlagen holen wollen, aber nicht im Traum daran denken, dafür zu bezahlen. Aber auch die Ansprüche “Ich will das und das und das und das auch noch erleben, am besten alles in einer Stunde! Waaaas? So viel zahle ich dafür nicht!” Die Preisdrücker, die verhandeln wollen und der Meinung sind, man selbst oder die angebotene Dienstleistung sei das Verlangte nicht wert.

Wenn das hie und da mal passiert, dann kann man das schulterzuckend ignorieren. Aber wenn es regelmäßig, oder gar jeden Tag passiert – das macht was mit einem. Nichts Gutes. Glücklicherweise wiegen die positiven oder neutralen Kontakte und Begegnungen und die guten Tage die schlechten meiner persönlichen Erfahrung nach doch oft auf. Ich habe weitaus mehr angenehme Kundschaft als Ekelpakete, die ich bereits bei der ersten Anfrage aussortiere.

Gesundes Arbeitsumfeld.

Auch schlechte Arbeitsstellen können einen krank machen. Das wird glaube ich jedem Menschen klar sein, der schon mal gearbeitet hat. Es ist kein spezifisches Phänomen in der Sexarbeit. In unserem Fall sind „schlechte“ Arbeitsstellen zum Beispiel solche, die mehr als 50% der Einnahmen haben wollen, die aber dann nicht in der Lage sind, saubere Räume, Material, Duschen und geheizte Aufenthalts- und Arbeitsräume zur Verfügung zu stellen. Wer so viel Geld für Miete und Nebenkosten verlangt, kann das nur mit einer gehobenen Ausstattung, gepflegten Räumen, gutem Arbeitsklima und insgesamt ordentlichem Service für die Mieter*innen rechtfertigen. Denn das sind Sexarbeitende. Auch wenn es theoretisch möglich ist, sind die wenigsten von uns Angestellte. Wir sind Mieter*innen im Puff, Studio oder Bordell.

Solche Läden, die mehr verlangen als sie bieten, gibt es überall, auch in der BDSM Branche. Ich habe schon in Studios zwischen Bauplane und Wasserrohrbruch, mit einer abgestellten Dusche und Slalom laufen um den aufgerissenen Boden herum gearbeitet, sollte aber dann tatsächlich mehr als 50% abgeben. Ich habe dann einfach meine Sachen gepackt, andere Kolleg*innen können vielleicht nicht ganz so schnell wechseln, abhängig von den Umständen in ihrem Leben. Wenn Betreiber*innen von Prostitutionsstätten dann auch noch die Personen von oben herab, bevormundend oder als „Inventar“ behandeln, dann macht das sicher auch krank, dafür muss es sich dabei gar nicht um Zwangsprostitution handeln. Ich kann gut verstehen, warum Kolleg*innen die solche Betriebe kennengelernt haben, lieber im Hotel oder bei Hausbesuchen arbeiten.

Stigma macht krank!

Was an unserem Beruf vermutlich am meisten krank macht, ist das Stigma. Die Ausgrenzung. Die Sorge davor, dass man „auffliegt“, wenn man sich nicht bei der Familie, dem Umfeld, einer etwaigen Hauptarbeitsstelle oder sogar Partner*innen geoutet hat. Die Angriffe von anderen Menschen, die Abwertung. Nicht zuletzt auch die verletzenden Worte, die Gegner*innen unserer Arbeit uns an den Kopf werfen.

Ich bin komplett geoutet und das ist ein echtes Privileg. Niemand kann mich erpressen, niemand kann mich unfreiwillig an falscher Stelle outen oder bloßstellen. Aber das können wirklich nur die wenigsten von uns.

Die ständige Angst, dass jemand etwas herausfindet, dass man in der Nachbarschaft, dem Dorf, dem Verein oder Kegelclub oder sonstwo ausgegrenzt, bemitleidet oder gar beschimpft wird – die kann schon krank machen. Und ein Outing bringt natürlich auch Probleme mit sich. Plötzlich ist man „diejenige, die sowas macht“ und wird von manchen Menschen entweder anders gesehen, oder ganz stumpf gefragt, ob man nicht auch mal … man würde ja … aber wir sind ja Freunde, da geht doch bestimmt was am Preis?

Stigma führt dazu, dass manche Menschen uns nur als Opfer sehen, andere als nicht ernst zu nehmen, denn wer mit einer Ausbildung, einem Studium oder generell bei Verstand, würde das freiwillig machen? Es führt dazu, dass wir Schwierigkeiten bekommen ein Bankkonto zu eröffnen, einen Kredit genehmigt zu bekommen, unsere Fähigkeiten als Eltern in Frage gestellt werden, sich Freund*innen oder gar Verwandte abwenden.

Ich bin der felsenfesten Überzeugung, wenn dieses Stigma nicht existieren würde, dann würde es uns Sexarbeiter*innen in allen Bereichen deutlich besser gehen. Und ich bin ebenfalls fest davon überzeugt, das Befürworter*innen eines Sexkaufverbotes oder des sogenannten „Nordischen Modells“ dieses Stigma nutzen und absichtlich befeuern.

Also, ja, alles in allem bin ich überzeugt davon, dass auch die Arbeit in der Sexarbeitsbranche krank machen kann. Ich würde aber nicht behaupten, dass das so sein muss, oder es an etwas anderem liegt, als in anderen Branchen auch – an den Menschen, die sich gegenseitig krank machen können.
Deswegen finde ich es so wichtig, Menschen über unseren Job aufzuklären, bevor jemand einsteigt. Deswegen sind gute Arbeitsbedingungen, besseres “standing” in der Gesellschaft und vor allem Alternativen für diejenigen, die einfach nur wegen des Geldes den Job begonnen haben, auch so wichtig. Deswegen ist es von zentraler Bedeutung, dass wir Stigma abbauen und über unseren Beruf reden.

Und deswegen schreibe ich das hier für Euch auf!

Feedback

Feedback, und warum es für Sexarbeitende so wichtig ist

Rückmeldungen, Lob und Kritik – für viele Menschen ist das essentiell, um die eigene Arbeit zu verbessern, Ansprüchen anzupassen, die Zielgruppe des Angebots abzuholen. Sexarbeitende sind davon nicht ausgenommen. Neben dem Umstand, dass positive Rückmeldungen, Lob oder gar Empfehlungen auch einen nicht zu unterschätzenden Werbeeffekt haben, freuen wir uns darüber, wenn unsere Dienstleistung gut angekommen ist.

Wünsche erfüllt – Ziel erreicht!

Ich persönlich freue mich am meisten über Aussagen wie die folgende:

„Ich habe das bekommen, was ich wollte, und es war so toll wie ich es mir vorgestellt habe!“

Da ich mir für die Anbahnung einer Session, die Aufklärung und das Abklopfen von Vorstellungen und Wünschen sowie die Vorbereitung gerne Zeit nehme, möchte ich mal behaupten, dass ich eine recht gute Vorstellung davon habe, was sich mein Gegenüber von mir erhofft, wenn wir dann zusammen im Playroom sind. Nichtsdestotrotz habe auch ich meine Unsicherheiten, frage mich, ob ich denn alles umsetzen konnte, was gewünscht wurde und wie es für die Gäste war. Hier kommt das Feedback ins Spiel. Manchmal ist es kurz und knackig, wie diese Nachricht:

„War echt mega geil! War noch ganz aufgewühlt. Musste hier auch noch runter kommen. Bin noch ein bisschen um die Häuser und spazieren gegangen, nach dem Duschen. Und nochmals danke. War wirklich der Hammer!“

Sie stammt von einem meiner Lieblings-Gäste, der vor einem knappen Jahr das erste Mal bei mir war und danach einen kurzen Erfahrungsbericht in einem Forum über mich geschrieben hatte, den ich auch hier in meinem Blog veröffentlichen durfte: Erfahrungsbericht „S.“

Mittlerweile hatten wir schon einige sehr erfreuliche Sessions miteinander. Die Kommunikation läuft bei uns eher auf Augenhöhe und via einen Messenger ab.

Manchmal kommen Rückmeldungen per E-Mail und sind etwas ausführlicher, wie dieses Feedback einer Person, die kürzlich zum ersten Mal bei mir war:

„Guten Abend Madame Simone,

Ich wollte mich mal zurück melden. Mir hat die Session sehr gut gefallen und hat mich genau in das Stadium gebracht, in welches ich wollte, vielen Dank dafür.

Ich habe mich wunderbar aufgehoben gefühlt und die leichten Witze haben mir echt gut gefallen.

Heute habe ich ein bisschen diesen Nebel im Kopf (das kriege ich manchmal nach Sessions), aber das sollte sich bis Morgen gelegt haben.

Die verschiedenen Schlagwerkzeuge waren fantastisch und vor allem das mit den Füßen würde ich gerne vertiefen beim nächsten Mal.

Das leichte Kratzen war auch genau mein Geschmack, sowie das Kopf streicheln während der Atemkontrolle.

Ich konnte mich einfach komplett fallen lassen und das war ein wunderbares Gefühl.

Freundliche Grüße, […]“

Lobeslied oder konstruktive Kritik?

Bisweilen bekomme ich auch ganz zeitnah und mündlich Rückmeldungen während eines sogenannten Nachgesprächs. Es sind nicht immer Lobeslieder, manchmal bekomme ich auch gesagt, dass man dieses oder jenes vielleicht noch länger, ausführlicher, härter oder schlicht anders hätte machen können, meist ist es jedoch begleitet von einem „… beim nächsten Mal machen wir das dann soundso“ Das zeigt mir doch schon recht deutlich, dass das was ich tue nicht ganz so daneben liegt. Ich freue mich übrigens auch immer über konstruktive Kritik, denn wenn Raum und Spielmöbel zum Beispiel zu kalt sind, die Handtücher übermäßig parfümiert, die Handfesseln zu ausgeleiert, die Ketten scharfkantig – das bekomme ich manchmal als aktiver Part gar nicht so direkt mit. Auch wenn ich zu wenig oder zu viel für den Geschmack des Gastes gesprochen habe, zu hart oder nicht hart genug geschlagen, zu viel oder zu wenig Zuwendung gezeigt habe – dann ist es mir wichtig, dass mir das gesagt wird, denn ich kann es mir dann für eine etwaige nächste Session mit der Person auch notieren und anpassen.

Feedback in Richtung „Nä, das war alles total doof! Zu Dir komme ich nie wieder!“ habe ich bisher (glücklicherweise) noch nicht bekommen. Aber durchaus schon welches, in dem man mir mitgeteilt hat, dass das was wir zusammen gemacht haben, vermutlich doch nichts für die Person ist. Das finde ich auch ganz wichtig, denn gerade wenn es sich um Personen handelt, die zum ersten Mal in einem Studio oder bei einer Domina sind, oder die überhaupt zum ersten Mal in den Bereich des BDSM hinein schnuppern, kann es schon mal vorkommen, dass die Umsetzung nicht halb so toll ist, wie das, was man sich in der Phantasie schon ausgemalt hat.

Langer Rede, kurzer Sinn: Feedback ist wichtig!

Wir lernen davon, können unser Angebot und unsere Herangehensweise optimieren und erweitern, und es tut uns einfach auch total gut, wenn wir Menschen glücklich und zufrieden machen konnten und uns das auch mitgeteilt wird!

Aus diesem Grund habe ich nun auch endlich ein Gästebuch auf meiner Homepage eingerichtet, damit ihr mir direkt (Session-)Feedback, konstruktive Kritik oder auch einfach mal einen netten Gruß da lassen könnt.

Und für diejenigen, die noch überlegen, ob sie mal einen Termin mit mir buchen möchten, gibt es jetzt neuerdings auch einen Sessionfragebogen. Der hilft mir bei der Vorbereitung auf die Session und die Person, mit der ich mich auseinandersetzen werde, und ich erhoffe mir davon, dass er mich dabei unterstützt, tolle Sessions zu gestalten, die dann wiederum zu konstruktivem Feedback führen!

Barrierefreiheit my ass …

Es ist Juli, und somit auch Disability Pride Month.

Passend dazu habe ich hier mal wieder einen Blogbeitrag für Euch, der aufzeigt, wie weit wir von tatsächlicher Barrierefreiheit entfernt sind. Vorneweg – ich habe zwar chronische Erkrankungen, aber keine Behinderungen. Ich spreche nicht für behinderte Menschen, nur manchmal mit ihnen. Wenn ihr Euch für die Lebensrealitäten behinderter Menschen interessiert, für ihre Wünsche, ihre Kämpfe, ihre Forderungen, ihre berechtigte Wut und insgesamt das Leben mit Behinderung, dann lege ich Euch sehr ans Herz, ihnen auf social media zu folgen, ihre Blogs und Bücher und wissenschaftlichen Arbeiten zu lesen, ihre Youtube-Kanäle zu abonnieren und nicht nur das zu konsumieren, was Menschen ohne Behinderungen über sie schreiben!

Disability Pride Flag

Bildquelle: Wikimedia
Lizenz: CC0 1.0 Universal (CC0 1.0) Public Domain Dedication

Ach Hamburg, manchmal machst Du es einem aber auch nicht ganz so leicht!

Heute schreibe ich ein zweites Mal über ein Thema, das mich sowohl beruflich als auch privat immer wieder beschäftigt. Den ersten Teil habe ich Ende September 2020 geschrieben, nachdem ich eigentlich nur mit einem tollen Mann in Hamburg einen Kaffee trinken und mich unterhalten wollte. Ihr könnt ihn hier finden:

Nun, gestern habe ich ein weiteres Mal erleben können, wie es zum Beispiel Menschen im Rollstuhl so ergehen kann, wenn sie Hamburg besuchen. Dieses Mal ging es nicht nur um einen Kaffee im Lokal, sondern auch um Hotelübernachtungen.

Wie Ihr vermutlich wisst, bin ich als Domina nicht nur im Studio tätig, sondern mache auch Hotelbesuche. Das ist nicht zuletzt deswegen so, weil viele BDSM-Studios, in denen ich mir Räume mieten kann, alles andere als barrierefrei sind. Eine Treppe ins Untergeschoss, etliche Stufen in den ersten Stock, weil der Aufzug selten funktioniert, schmale und verwinkelte Flure, Räume, die so zugestellt sind mit Spielgeräten, dass ein Drehen und Wenden mit einem Rollstuhl nicht komplikationslos möglich ist, Duschwannen, die viel zu hoch sind – die Liste könnte noch um etliche Punkte erweitert werden, da ich mich jetzt bei allen aufgeführten Punkten in erster Linie auf Hürden für Gehbehinderte oder Menschen im Rollstuhl konzentriert habe. Das sind aber natürlich nicht die einzigen Behinderungen, die Menschen vor massive Probleme stellen können, wenn es darum geht, einen Besuch im Studio zu planen. Es gibt natürlich auch andere Behinderungen, die entsprechende Ansprüche und Voraussetzungen bei der Zugänglichkeit eines Studios mitbringen.

Ich mache übrigens noch nicht mal grundsätzlich den Studio-Besitzer*innen einen Vorwurf. Studios können nun mal nicht beliebig irgendwo rein gebaut werden. Sogenannte Prostitutionsstätten, zu denen BDSM-Studios auch gezählt werden, sind bekanntlich nicht so gerne gesehen. Schon gar nicht irgendwo deutlich sichtbar, gut erreichbar im gerade neu errichteten, modernen und vor allem barrierefreien Gebäude, das jetzt auf schicke Wohnungen oder Büros wartet. Wäre die Sexarbeit allgemein anerkannt, nicht so hochstigmatisiert und sollte sie nicht am liebsten unsichtbar in irgendwelchen Hinterhöfen stattfinden, dann hätten wir mit Sicherheit sehr viel mehr BDSM- und Tantrastudios, Bordelle, Clubs und ähnliche Einrichtungen, die barrierefrei sind. Das ist eben auch eine der vielen Auswirkungen von Stigmatisierung! Aber zurück zum eigentlichen Thema:

Vor ein paar Tagen erhielt ich eine Anfrage via E-Mail. Nichts außergewöhnliches, ob zu einem bestimmten Datum, zu einer bestimmten Uhrzeit ein Hoteltermin möglich wäre. Mit der Zusatzinformation, dass der Verfasser der E-Mail auf einen Rollstuhl angewiesen sei. Er sei für ein paar Tage in Hamburg und würde mich gerne in seinem Hotel empfangen. Alles klar, kein Problem! Also, das dachte ich zumindest zu dem Zeitpunkt.

Wir zurren die Verabredung verbindlich fest, ich bekomme von dem zukünftigen Gast, nennen wir ihn Adam, die Adresse des Hotels und sehe mir wie immer an, wo es hingehen soll. Ein Viersternehotel, mit sehr guten Bewertungen. Ach, das ist ja toll. Und auch nicht weit weg, ich muss also nicht quer durch Hamburg gurken. Aha, das Hotel hat gerade mal drei barrierefreie Zimmer, das macht mir sofort Gedanken, aber nachdem Adam ja ein Zimmer fest gebucht hat, wird es da ja wohl keine Probleme geben. Tja, Pustekuchen!

Am Tag des Termins finde ich morgens eine E-Mail im Postfach. Es hätte Probleme bei der Buchung gegeben, ob wir uns auch in einem anderen Hotel treffen könnten? Ja, alles gut, das ist kein Problem. Auch dieses Hotel sehe ich mir an, und schlucke erst einmal, weil es sich um ein Hotel einer Kette handelt, die ich normalerweise für berufliche Termine meide, da sie bessere Schuhkartons als Zimmer bezeichnet. In diesem Fall war es aber nicht die „budget“-Variante, sondern ein Dreisternehotel mit ebenfalls guten Bewertungen und laut Homepage immerhin sieben barrierefreien Zimmern. Na gut. Ich mache mich also an dem Tag fertig, packe meine sieben Sächelchen ein und lasse mich zum Hotel fahren, wo mich Adam in der Hotelbar erwartet. Sehr sympathischer Herr, auf die 70 zugehend, attraktiv und gepflegt, humorvoller und angenehmer Gesprächspartner – die Chemie stimmt auf Anhieb. Und wie immer bestehen meine Termine nicht nur aus tollen und anregenden Dingen, die man so zusammen machen kann, sondern auch aus Gesprächen. Dabei erzählt er mir, wie es dazu kam, dass er nicht in seinem ursprünglichen Hotel abgestiegen ist.

Adam war vor einigen Wochen schon einmal in diesem Hotel, und weil er an sich sehr zufrieden damit war, hat er sich für diesen Aufenthalt noch einmal ein Zimmer gebucht. Gestern kommt er nun, nach acht Stunden Autofahrt, in Hamburg an und möchte im Hotel einchecken. Nach so einer langen Fahrt ist er natürlich etwas müde und will eigentlich nur sein Gepäck abstellen und entspannen. Dumm nur, dass das Personal an der Rezeption ihm sagt „Oha, wir haben ja nur drei barrierefreie Zimmer, und die sind alle belegt!“ Also, ich wäre zu dem Zeitpunkt ja einmal gepflegt ausgerastet! Bei der Erzählung ist mir wirklich etwas die Kinnlade runter gefallen. Als ob es nicht schon genug wäre, dass viele Hotels gar keine und andere nur wenige barrierefreie Zimmer haben, und man deswegen explizit so ein Zimmer buchen muss, ist es dann einfach mal nicht verfügbar? Ein absolutes Unding!

Adam ist allerdings ein sehr entspannter Mensch, lässt sich nicht so leicht aus der Ruhe bringen und versucht noch bei zwei weiteren Hotels ein barrierefreies Zimmer zu bekommen. Ohne Erfolg – die wenigen Zimmer die geeignet wären, sind alle belegt. Schlussendlich ist er in dem Hotel, in dem wir uns dann doch treffen können erfolgreich. Also, sozusagen.

Direkt vor dem Eingang sind einige wenige Behindertenparkplätze. Zu wenige für meinen Geschmack, mit viel Schubsen können da maximal 3 Autos stehen, aber immerhin. Der Eingang ist barrierefrei, die Lobby aber nicht gerade großzügig. Ein paar Säulen stehen ungünstig im Raum, wie ich finde. Der Bereich mit den Stühlen direkt neben dem Eingang, der noch zur Bar gehört, ist verhältnismäßig eng, aber noch im tragbaren Rahmen. Die Aufzüge sind knapp bemessen. Adam in seinem leichten Rollstuhl und ich mit meinem kleinen Dominaköfferchen passen rein, das war es dann aber auch schon. Die Tasten im Aufzug sind auf der üblichen Höhe, es gibt auch keine Haltemöglichkeit wie zum Beispiel Griffe an denen sich ältere Menschen oder jene mit unsicherem Gang festhalten könnten. Die Flure sind ok, nicht übermäßig großzügig, aber auch nicht super eng. Allerdings wäre es vermutlich schon ein Problem, mit einem Rollstuhl an einem der Putz- oder Wäschewagen bequem vorbeizukommen. Das ginge, aber eben nur gerade so.

Als wir in seinem Zimmer ankommen, trifft mich fast der Schlag! Ja, es ist ein für zwei Personen ausreichend großes Bett vorhanden – das Hotel scheint überhaupt keine Einzelbetten zu haben. Ja, Adam kann sich mit seinem Rollstuhl in dem Raum bewegen, aber der breite Kunstlederhocker, der an der Wand vor dem Fußende des Bettes steht, ist nicht gerade günstig platziert, das ist schon recht eng beim Manövrieren. Da der Raum aber insgesamt relativ klein ist, gäbe es auch schlicht keine andere Möglichkeit, das Ding umzustellen. Das Bad ist allerdings ausreichend groß mit einer leichtgängigen Schiebetür und breitem Türrahmen, einer nicht übermäßig großen, aber ebenfalls ausreichenden Dusche mit klappbarem Wandsitz, die aber so neben der Toilette platziert ist, dass diese bei etwas ausgiebigeren Duschaktionen unweigerlich nass wird, wenn man den Duschvorhang nicht nutzt. Den hat Adam jedoch so gut es ging in die Handtuchhalterung neben dem Waschbecken gestopft, weil er sonst mit dem Rollstuhl darin hängen geblieben wäre. Das ist nicht gut gelöst. Und überhaupt – Duschvorhänge in Hotelzimmern finde ich persönlich hygienisch eher problematisch, aber das ist vielleicht nur mein Tick.

Ich teile nicht ganz Adams Meinung, dass die Hotelzimmer den Charme von besseren Jugendherbergen haben, aber es ist halt ein allgemeines „Das geht gerade so“-Gefühl. Für 116€ die Nacht finde ich das alles andere als angemessen!

Was mich auch sofort sehr beschäftigt hat: Nicht alle Menschen, die einen Rollstuhl nutzen, haben einen leichten, schmalen Rollstuhl. Selbst ich als nicht behinderter Mensch weiß, dass es sehr unterschiedliche Modelle gibt, was die Größe und vor allem Breite angeht. Und es gibt E-Rollis, die einfach mehr Platz brauchen als so ein relativ leichter und einfacher Rollstuhl, wie ihn Adam besitzt. Natürlich bin ich keineswegs Expertin für Rollstühle, aber ich bin ziemlich sicher, dass nicht alle Menschen im E-Rolli gut zwischen Bett und Hocker vorbei kommen würden. Vermutlich gibt es auch da etwas sportlichere, schmale Modelle, und ich kenne auch zugegeben nur zwei Menschen im E-Rolli persönlich, aber deren Rollstühle sind definitiv deutlich breiter als Adams Gefährt. Mal ganz abgesehen davon, dass es einfach auch große und voluminöse Menschen gibt, die dann nicht unbedingt den Smart oder Mini unter den Rollstühlen wählen können oder wollen.

Insgesamt war das alles machbar, es war mit Sicherheit besser als ein nicht explizit als barrierefrei bezeichnetes Zimmer, aber mann ist da noch Luft nach oben! Ich finde es schon ein Armutszeugnis, dass es in einer Großstadt wie Hamburg so schwierig ist, problemlos ein barrierefreies Zimmer zu bekommen. Von den Preisen fange ich gar nicht erst an! Keineswegs alle behinderten Menschen haben ein so gut gepolstertes Portemonnaie wie Adam. Und auch Rollstuhlfahrer*innen möchten mal eine Städtetour oder Urlaub machen, ohne dafür gleich einen Kleinkredit aufnehmen zu müssen! Da muss es doch auch endlich mal vernünftige und erschwingliche Optionen geben! Gerade junge Menschen möchten vielleicht auch einfach mal ein Wochenende mit Freunden zusammen unterwegs sein, feiern, Sightseeing machen usw. Die können sich doch über 100€ die Nacht wirklich nicht einfach aus der Portokasse nehmen! Aber die finanzielle Benachteiligung behinderter Menschen in nahezu allen Lebensbereichen, der Umstand, dass Vermögen zu haben, etwas anzusparen, für viele behinderte Personen gar nicht so einfach möglich ist, das ist ein weiteres Riesenfass, das ich in diesem Blogbeitrag gerade nicht aufmachen möchte.

Neben den Beobachtungen bezüglich der Barrierefreiheit, haben Adam und ich uns auch über andere Dinge unterhalten. Nicht zuletzt über etwas, was mir immer wieder entgegen kommt, wenn ich mich mit behinderten Personen unterhalte. Der Umstand, dass ihnen sexuelle Bedürfnisse abgesprochen werden. Dass zum Beispiel Menschen im Rollstuhl grundsätzlich „Ach, da „geht“ doch bestimmt auch gar nichts mehr!“ entgegen kommt. Adam sitzt im Rollstuhl, weil er sich bei einem Unfall vor 20 Jahren unter anderem den 12. Brustwirbel gebrochen hat. Er kann seine Beine nicht mehr steuern, spürt sie aber sehr wohl, und auch was eine Erektion angeht, gibt es keine Probleme. Ich … äh, habe das getestet. Das ist natürlich nicht bei allen Menschen gleich. Es gibt völlig unterschiedliche Gründe, warum Personen zeitweise oder dauerhaft auf einen Rollstuhl angewiesen sind. Aber was immer gleich ist – es wird automatisch vorausgesetzt, dass sie keinen Sex haben. Jott bewahre, wenn Behinderte auch sexuelle Bedürfnisse haben! Den Wunsch nach Zärtlichkeit, nach der Befriedigung ihrer Lust, die Freude an zarten oder harten BDSM Praktiken usw. Was man sich nicht vorstellen kann, das darf wohl nicht sein, wenn es nach den Köpfen einiger ignoranter Menschen ginge. Ich finde das sehr frustrierend. Wie bei allen Menschen ist der Weg, der zum gewünschten Ziel führt, sehr unterschiedlich. Wie bei allen Menschen sind die Bedürfnisse ebenfalls sehr unterschiedlich. Sexualität funktioniert nun einmal nicht nach Schema F!

Wenn manche Dinge nicht so funktionieren, wie man es vielleicht bisher gewohnt ist, ja, dann fragt man halt die Person, die ihren Körper am besten kennt, wie etwas toll und angenehm und gut ist. Was funktioniert und was eben nicht funktioniert. Ich glaube nicht eine einzige behinderte Person setzt voraus, dass ihre Sexualpartner*innen auf Anhieb wissen, was ihnen wie am meisten Lust verschafft. Das kriegen wir ohne Kommunikation doch auch bei unseren nicht behinderten Sexualpartner*innen nicht immer sofort hin!

Wenn ihr Euch bisher keine Gedanken darüber gemacht habt, dass behinderte Personen auch Sexualität haben, weil ihr sie sozusagen als „sex- oder geschlechtslos“ wahrgenommen habt – think again! Behinderte Männer, Frauen und nichtbinäre Personen haben genauso schmutzige Phantasien (und den passenden Humor), genauso hohe Ansprüche an Personen mit denen sie intim werden möchten, genauso sexuelle Bedürfnisse wie nichtbehinderte Menschen. Dass ich das hier überhaupt schreiben muss, weil ich immer wieder merke, dass es bei vielen Menschen noch nicht angekommen ist, ist eigentlich ein Trauerspiel!

Mein Fazit von dieser einerseits sehr schönen, andererseits auch durchaus frustrierenden Begegnung:

Hamburg ist, wie so viele Städte in Deutschland, noch immer weit davon entfernt, ein Paradebeispiel für Barrierefreiheit zu sein. Wir haben 2022 for fucks sake! Städte, die sich als modern, innovativ, als lebenswert bezeichnen, sollten so langsam mal in die Puschen kommen, wenn es um die Möglichkeit von Teilhabe und wenn es um Barrierefreiheit geht!

Spaß für Erwachsene? Nur mit erwachsenem Verhalten!

Mal wieder so eine Nummer. Das kommt in letzter Zeit immer häufiger vor.

Man(n) möchte einen Termin mit mir. So weit, so gut, dafür bin ich ja da, nicht wahr? Aber dann nach der ersten Kontaktaufnahme über Wochen oder gar Monate ein Hin und Her und dieses geht nicht, und das wäre vielleicht besser. Konnte man sich dann endlich auf einen Termin einigen und ich fasse noch einmal meine Konditionen zusammen, also den Preis, dass eine kleine Anzahlung gewünscht ist, dass der Mann geimpft sein muss oder ähnliches – zack! Funkstille. Ghosting.

Und es ist ja nicht so, dass diese Dinge nicht vorher schon angesprochen wurden.
Manchmal frage ich mich ja, was in den Köpfen dieser Menschen vorgeht? Das ist zum Beispiel genau der Grund, warum ich gar nicht erst zu einem Termin losfahre, wenn ich davor keine Anzahlung erhalten habe: Ich möchte am Ende nicht vor verschlossener Tür stehen oder einen Raum gemietet haben, und der potentielle Gast taucht nicht auf.

Dabei wäre es so einfach, das zu klären. Jemand möchte keine Anzahlung machen, fühlt sich damit nicht wohl oder hat gar Sorge, dass er selbst über den Tisch gezogen wird? Na, dann findet man einen Kompromiss. Dann kann das Date halt nicht als Hausbesuch stattfinden, sondern zum Beispiel in einem Studio. Dann kann sich der Gast halt den Termin nicht ganz so frei aussuchen, sondern muss warten, bis ich einen anderen (angezahlten) Termin in einem Studio habe, und ihm Bescheid sage, dass er an dem entsprechenden Tag gerne auch kommen kann.

Das ist ähnlich wie mit 30-Minuten-Terminen. Die biete ich zum Beispiel regulär gar nicht an. Aber wenn ich ohnehin eine längere Session vereinbart habe und vor Ort bin, dann kann ich auch noch 30 Minuten länger im Studio bleiben, wenn es passt.

Ähnlich handhaben es auch einige andere Kolleg*innen. Wem das dann allerdings nicht in den Terminplan passt, dem kann ich auch nicht weiterhelfen. Ich habe meine Konditionen, und wenn ich jemandem schon entgegen komme, dann muss auch die andere Person Kompromisse machen.

Man kann über alles reden, aber dieses komplette Ghosting, das geht gar nicht! Dass Sexarbeitende dann die Nummer blocken und eine Terminanfrage nicht mehr angenommen wird, das ist ja dann hoffentlich klar? Unser Business ist eine sehr anregende Sache für Erwachsene, die allen Beteiligten Spaß machen soll. Aber Voraussetzung dafür ist ein entsprechendes, erwachsenes Verhalten.